Bielefeld (ots) - Wenn sich die Bundeskanzlerin selbst in Fernsehsendungen einlädt, weiß jeder: Es geht um sehr viel. Angela Merkel scheut Live-Auftritte vor laufenden Kameras, weil sie meistens keine gute Figur macht - oder Fehler, wie bei ihren holprigen Sätzen zur »Ehe für alle«. Natürlich konnte man gestern bei »Berlin direkt« nicht erwarten, dass die Kanzlerin im ZDF ihren Verzicht auf den CDU-Parteivorsitz oder eine Befristung ihrer Amtszeit auf zwei Jahre verkünden würde. Das wäre gleichbedeutend mit einer Selbstentmachtung. Zu erwarten war das, was Merkel in solchen schwierigen Situationen immer macht: Versuche der Erklärung und Beschwichtigung, um Zeit zu gewinnen. Zeit, in der sich die Lage beruhigen soll. Das scheint allerdings unwahrscheinlich, weil sich die Hoffnungsträger der CDU mit ihrer Kritik am Koalitionsvertrag und an der Ressortverteilung nicht zurückhalten - obwohl sie damit ihre Aussichten auf Posten in der nächsten Regierung gefährden. Leuten wie Jens Spahn und Carsten Linnemann geht es um viel mehr. Was die neue Generation der Konservativen will: den Politikwechsel in der Flüchtlingskrise, die Wiederentdeckung des Markenkerns und damit einhergehend die Rückgewinnung ehemaliger CDU-Stammwähler von AfD und FDP. Eine Portion mehr reine Lehre, danach strebt ja auch der SPD-Nachwuchs. Was die Jungsozialisten mit ihrer Anti-GroKo-Kampagne ausgelöst haben, ist ein Generationenkonflikt. Sollte es zu einer Großen Koalition kommen, würde diese 40 Monate regieren. Während die SPD - trotz der Debatten über eine Urwahl des oder der Vorsitzenden - mit Andrea Nahles als Fraktionschefin und Olaf Scholz als Finanzminister und Vize-Kanzler für die nächste Bundestagswahl einigermaßen aufgestellt scheint, muss die Union erst einmal der Übergang gelingen. Und das kann nur funktionieren, wenn die CDU-Spitze von morgen heute schon Verantwortung übernimmt. Im Klartext: Merkel muss den Neustart der CDU in der Endphase ihrer Amtszeit hinbekommen. Das klappt nur mit jungen Konservativen - und nicht ohne sie. Merkel und ihren Getreuen, allen voran Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und der designierte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), dürfte es kaum gelingen, Jens Spahn und Carsten Linnemann mit irgendwelchen lukrativen Posten einzukaufen und ruhigzustellen. Ein starkes personelles Signal an die Basis und an ehemalige Stammwähler wäre, Spahn jetzt mindestens zum Generalsekretär zu machen. Und es wäre Ausdruck der Souveränität einer Kanzlerin, die zwar über den Zenit ihrer Macht hinaus ist, aber im Spätherbst ihrer Laufbahn noch etwas für eine erfolgreiche Zukunft der CDU tun könnte.
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