Bielefeld (ots) - Ob das eine gute oder eine schlechte Nachricht ist, müssen Sie schon für sich selbst entscheiden - aber seit gestern steht fest: Angela Merkel hat noch Lust aufs Regieren. Und aufs Führen auch. Selten hat die Kanzlerin in einer Regierungserklärung so klar Stellung bezogen. Sie war selbstkritisch und kritisch, empathisch und kämpferisch zugleich. Angela Merkel hat gestern nicht nur vor den Mitgliedern des Deutschen Bundestages gesprochen, sondern sie hat zu den Menschen in diesem Land gesprochen. Endlich einmal, muss man hinzufügen. Sie hat sich und ihre Politik erklärt, hat Chancen und Risiken benannt, Gefühle und eigene Fehleinschätzungen nicht ausgespart. Einen so tiefen Blick in ihre Seele hat Angela Merkel in den nun schon mehr als zwölf Jahren ihrer Kanzlerschaft nur selten gewährt. Und deutlich wurde auch: Angela Merkel hat klare Ziele vor Augen. Sie hat die Messlatte für ihre Regierung und vor allem für sich persönlich sehr hoch gelegt. Es ist ja durchaus wahrscheinlich, dass die 62-Jährige nun tatsächlich in die Schlussrunde ihrer Kanzlerschaft einbiegt, aber als »lame duck« will sie das ganz offenkundig keinesfalls tun. Das ist allein schon deshalb erstaunlich, weil schwere Zeiten hinter Merkel liegen. Erst das Ringen mit sich selbst, ob sie überhaupt noch einmal antreten soll, dann das miese Wahlergebnis für ihre Union und schließlich auch noch eine fast sechsmonatige Hängepartie - samt Platzen der Jamaika-Verhandlungen -, bis die neue Große Koalition endlich stand. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, wie schnell Angela Merkel ihre Souveränität zurückerlangt hat. Und dass sie diese auch zu verteidigen zu gedenkt, bekamen gestern alle ihre Minister zu spüren, insbesondere Horst Seehofer. »Der Islam gehört zu Deutschland«, stellte Merkel unmissverständlich klar, um ihren Innenminister sodann anzuweisen, die Versäumnisse der Integrationspolitik entschlossen in Angriff zu nehmen. Merkel machte damit auf offener Bühne von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch. Überhaupt ließ sie in ihrer knapp einstündigen Rede kaum ein Themenfeld aus und erneuerte dabei im Stakkato-Stil die Aufträge aus dem 179-seitigen Koalitionsvertrag. Ihre Botschaft war klar: »Wir haben viel zu tun und schon mehr als genug Zeit verloren.« Angela Merkel weiß um den Druck, der auf dem neuen Zweckbündnis aus CDU/CSU und SPD lastet. Auch dank einer breiten Opposition im Parlament - von ganz links bis ganz rechts -, die durchaus belebend für den politischen Betrieb wirkt. Schon heute geht es für die Kanzlerin weiter zum Europäischen Rat. Auch hier wird sie sich neu erklären müssen. Auch hier geht es um einen Neuanfang. Und auch hier wären Worte zwar noch keine Taten, aber doch immerhin der Anfang von etwas.
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