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Türkische Lira - Währung auf Abwegen

Executive Summary

Viele Emerging Markets Währungen konnten seit Jahresbeginn von der US-Dollar-Schwäche profitieren. Im Falle der Türkei zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Die Türkische Lira verlor gegenüber dem US-Dollar bereits 8,6 % seit Januar (zum Euro rund 10,2 %) und verzeichnete unter allen Emerging Markets Währungen bislang die schwächste Performance. Was steckt hinter der Abwertung? Vordergründig ist ein robustes Konjunkturbild in der Türkei zu beobachten. Die Türkei avancierte in 2017 zu einer der am stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Welt und zum Spitzenreiter unter den G20-Staaten. Dieses Wachstum wird von hohen Inflationszahlen begleitet, die die ohnehin hohen Teuerungsraten der vergangenen Jahrzehnte nochmals übertroffen haben. Zudem haben weitere Faktoren diese Abwertungsspirale beschleunigt: Eine Mischung aus strukturellen und institutionellen Schwächen, fehlendem Investorenvertrauen und hohen politischen Risiken haben den Außenwert der Lira erodieren lassen. Der Zinserhöhungszyklus in den USA könnte kurzfristig noch eine stärkere Abwertung initiieren. Erst mittelfristig rechnen wir mit einer Stabilisierung des Wechselkurses.

Konjunktur: Deutliche Überhitzung spürbar

Nach dem Konjunktureinbruch infolge des gescheiterten Putschversuchs im Jahr 2016 ist die türkische Wirtschaft kräftig expandiert. Im Jahr 2017 betrug das BIP-Wachstum 7,3 % YoY (nach 3,2 % YoY in 2016). Ein dynamisches konjunkturelles Umfeld geht häufig auch mit einer aufwertenden Währung einher. Nicht jedoch im Falle der Türkei. Denn die Wachstumsstrategie, die "Erdoganomics", wird von einer Ausweitung des Staatsdefizits und hohen Infrastrukturausgaben getragen. Zusätzlich wurden Steuererleichterungen und staatlich eingeleitete Krediterleichterungen auf den Weg gebracht, die die Budgetdefizite in Zukunft noch ausweiten werden. Zudem hat die Türkei zuletzt an Exportfähigkeit deutlich eingebüßt, die Achillesferse für viele Emerging Markets. Das Exportwachstum blieb seit Mitte 2017 deutlich hinter dem Wachstum der Importe zurück. Dadurch vergrößerte sich das Defizit in der türkischen Leistungsbilanz. Die gestiegenen Ölpreise haben das Defizit zusätzlich erhöht. Darüber hinaus hat die Türkei am internationalen Kapitalmarkt erheblich Vertrauen verloren. Seit dem gescheiterten Militärputsch im Jahr 2016 kehren Investoren dem Land den Rücken, was die Nachfrage nach Lira-Assets verringert hat. Die massiven Goldimporte der Türkei seit Beginn des Jahres 2017 haben den Abwertungsdruck auf die Lira noch verstärkt. Insgesamt wird die Nachfrage nach Türkischer Lira durch diese Vielzahl an Faktoren unterminiert, wodurch der deutliche Rückgang im Außenwert begründet liegt.

Inflation: Zweistellige Teuerung als Dauerzustand

Die Haltung von Politik zur Inflation hat Helmut Schmidt einst mit den Worten "Lieber fünf Prozent Inflation als fünf Prozent Arbeitslosigkeit" beschrieben. Recep Erdogan hat diese Werte offenbar nochmals verdoppelt. Seit dem letzten Jahr ist eine deutliche Beschleunigung der Inflation in der Türkei festzustellen. Aktuell liegt sowohl die Headline- als auch Kern-Inflation mit 10,2 % YoY bzw. 11,4 % YoY im zweistelligen Bereich. Die türkische Zentralbank hatte die Inflation durch eine massive Leitzinserhöhung im Jahr 2014 (u.a. Erhöhung der einwöchigen Repo-Rate von 4,5 % auf 10 %) in den einstelligen Bereich drücken und auch die Türkische Lira verhältnismäßig stabilisieren können. Dieser Effekt hat sich jedoch längst abgebaut. In Verbindung mit dem Fiskal- und Handelsbilanzdefizit der Türkei lassen die zweistelligen Teuerungsraten die Inflationserwartungen weiter ansteigen. Dies erzeugt erneut Druck auf den Wechselkurs, dessen Abwertung wiederum die Inflation nach oben treibt.

Geldpolitik: Kann die Zentralbank gegensteuern?

In diesem hochinflationären Umfeld kommt der Zentralbank eine Schlüsselrolle zu. Jedoch wirft der Handlungsspielraum für die türkische Zentralbank (CBT) Fragen auf. Die türkischen Währungshüter stehen in einem permanenten Spannungsfeld zwischen politischer Einflussnahme und geldpolitischer Verantwortung, welches die seit Anfang der 2000er Jahre offiziell bestehende Unabhängigkeit bereits massiv beeinträchtigt hat und mittelfristig weiter erodieren wird.

Die massive Abwertung wurde in Teilen durch die zögerliche Geldpolitik der CBT bedingt. Diese verlorene Glaubwürdigkeit wollen die türkischen Währungshüter zurückgewinnen. Deshalb hat die CBT zuletzt auch am Devisenmarkt interveniert, um der sprunghaften Abwertung Herr zu werden. Hierfür ist der Rückgang der Währungsreserven, die im April um gut drei Milliarden US-Dollar auf einen Bestand von 86 Milliarden US-Dollar zurückgingen, ein Anhaltspunkt. Der Wechselkurs von USD/TRY konnte sich in diesem Zeitraum von über 4,15 auf ein Niveau im Bereich 4,0 stabilisieren. Die gesamten Währungsreserven decken gegenwärtig etwa fünf Monate an Importen, so dass auch weiterhin genügend Spielraum für unregelmäßige Interventionen existiert. Zudem wird die CBT bei ihrer heutigen Sitzung (25. April) vermutlich eine Zinsanhebung beschließen, um den Abwertungsdruck abzumildern.

Ein guter Indikator hierfür liefert der Optionsmarkt. Stiegen die einjährigen Volatilitäts-Spreads zwischen der Türkischen Lira und anderen Emerging Markets Währungen (u.a. Südafrikanischer Rand, Brasilianischer Real oder Chinesischer Yuan) an, ging dies in der Vergangenheit in der Regel mit steigenden Leitzinsen einher. Gegenwärtig liegt der Volatilitäts-Spread der Lira erneut in einem Bereich, an dem die türkische Zentralbank in der Vergangenheit Zinsanhebungen beschlossen hat, z.B. Anfang des Jahres 2017 und am Jahresende 2017. Diese technischen Faktoren sprechen für eine Anhebung der Leitzinsen.

Während die CBT angesichts der Inflations- und Wechselkursentwicklung zu Zinsschritten entschlossen ist, steht dies grundsätzlich dem Wachstumskurs der türkischen Regierung entgegen und im Besonderen den geld- und wirtschaftspolitischen Ansichten von Präsident Erdogan. Ein höheres Zinsniveau lässt die Finanzierungskosten für staatliche Institutionen und Unternehmen ansteigen und damit die Infrastrukturinvestitionen zurückgehen. Präsident Erdogan hat sich zuletzt öffentlich vehement gegen Zinserhöhungen ausgesprochen und sieht in ihnen gar einen Grund für die hohen Inflationsraten. Die Unabhängigkeit der Notenbank wird hierdurch massiv auf die Probe gestellt. Der Spagat zwischen den Wachstumsambitionen der Regierung und der Inflationsbekämpfung erschwert der CBT die Erfüllung ihres Mandats. Der politische Druck, die Konzentration der Macht im Präsidentenamt und entsprechende Gesetzesinitiativen haben bereits ihre Unabhängigkeit zum Wanken gebracht. Aber die Glaubwürdigkeit der CBT und die Wertstabilität der Türkische Lira hängt in hohem Maße von einer glaubhaften Bekämpfung der Inflation ab.

Währungsmarkt: Fed könnte kurzfristig Druck auf Lira erhöhen

Der Zinserhöhungszyklus der US-Fed wird im zweiten Quartal 2018 höchstwahrscheinlich zu einer weiteren Zinsanhebung führen. Die Lira könnte sich gegenüber dem US-Dollar und Euro zum Quartalsende weiter abschwächen. Noch wird USD/TRY auf Basis der Konsens-Prognosen zum Ende des zweiten Quartals bei 4,00 erwartet. In den folgenden Quartalen sollte sich die Lira in Verbindung mit den Zinsanpassungen der CBT im Bereich 4,0 bis 4,20 gegenüber dem US-Dollar stabilisieren. Gegenüber dem Euro wird auf Jahressicht von einer noch stärkeren Abwertung ausgegangen.

Eine noch stärkere Abwertung hätte auch für den türkischen Unternehmenssektor signifikante Auswirkungen. Die Fremdwährungsverbindlichkeiten (212 Mrd. US-Dollar, rund 25 % des BIP) sind nur teilweise durch Fremdwährungseinnahmen gedeckt oder durch Währungsswaps abgesichert. Noch höhere Fremdfinanzierungskosten könnten die operative Leistungsfähigkeit vieler Unternehmen bedrohen und einige von ihnen auch in eine existenzielle Schieflage bringen. Hierdurch ergibt sich erhebliches makroökonomisches Rückschlagpotenzial.

Politik: Wahlen bereits im Juni 2018, Unberechenbarkeit belastet

Mit der überhitzten Wirtschaft im Rücken und der Gefahr eines Endes dieses Strohfeuers will Präsident Erdogan die Gunst der Stunde nutzen und hat vorgezogene Wahlen zum 24. Juni angekündigt. Mit dem sehr wahrscheinlichen Wahlsieg der Partei des Präsidenten wird die Machtkonzentration im Präsidentenamt auch de jure zunehmen. Die politischen Entwicklungen, u.a. die abnehmende Rechtssicherheit, die Rolle der Türkei im Syrien-Konflikt, die scharfe Rhetorik gegenüber der EU sowie den USA und die Zuneigung zu Russland, bleiben weiterhin ein Belastungsfaktor für die Türkische Lira und unterminieren langfristig das Investorenvertrauen. Dies wird auch am Kapitalmarkt offenbar. Die Ratingagentur Moody's hat im März das Länderrating der Türkei von Ba1 auf Ba2 weiter in den Non-Investmentgrade-Bereich verschoben.

Fazit: Türkische Lira bleibt im Abwärtsstrudel

Der fortschreitende Zinserhöhungszyklus der US-Fed, die strukturellen Defizite der Türkei sowie die hohe Teuerungsrate werden den Abwertungsdruck auf die Türkische Lira kurz- bis mittelfristig aufrecht halten. Die CBT hat bislang nicht ausreichend und mandatsgetreu mit Zinsanpassungen reagiert. Aber nur hierdurch kann das Investorenvertrauen zurückzugewonnen und die Inflations- und Abwertungsspirale beendet werden. Wir erwarten - trotz stark politisierter Notenbankpolitik - ein deutliches Zeichen an den Währungsmarkt und somit eine Zinsanhebung. Trotzdem bleibt bis zum Wahltermin im Juni die Lira voraussichtlich von einer erhöhten Volatilität geprägt und könnte sich noch weiter abschwächen, besonders vor dem Hintergrund eines kurzfristigen US-Dollar-Comebacks infolge des wahrscheinlichen Zinsschritts im Juni. Mittel- bis langfristig erwarten wir eine Stabilisierung der Lira auf aktuellem Niveau, da vor allem die Überhitzungstendenzen der Wirtschaft abnehmen werden.

Hier können Sie das "Wochenbarometer" mit aktuellen News zu den Kapitalmärkten und weitere Research-Publikationen herunterladen.

© 2018 HSH Nordbank
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