Regensburg (ots) - Mit jedem Atemzug kommen sie in unseren Körper: Winzige Partikel von Ruß, Abgasen oder Reifenabrieb. Feinstaub macht krank und tötet sogar - und so gut wie jeder Mensch ist ihm ausgesetzt: 90 Prozent der Weltbevölkerung atmet verschmutzte Luft, wie eine globale Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO ergeben hat. Das klingt alarmierend. Und doch reagieren wir auf das Problem vergleichsweise gelassen. Dafür gibt es aber keinen wirklich guten Grund. Zugegeben: So gravierend wie in Megacities wie Neu Delhi, Peking oder Kairo ist die Luftverschmutzung in Europa nicht. In diesen Städten ist die Smog-Wolke beinahe alltäglich. Menschen atmen den giftigen Rauch offener Kochstellen, brennender Müllhalden oder von Fabriken ohne Filtersysteme ein. Doch auch in Europa lässt sich die Belastung nicht kleinreden: Gerichtsmediziner wissen, dass die Lungen von Großstadtbewohnern so schwarz sind, als hätten diese jahrelang geraucht. Der Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung und Krankheit ist erwiesen - das Risiko für Asthma, Herzerkrankungen, Schlaganfälle und Lungenkrebs steigt mit zunehmender Verschmutzung. Je kleiner die Partikel sind, umso leichter dringen sie in die Lunge vor. Besonders kleine Teilchen schaffen es sogar über die Lungenbläschen ins Blut und von da in den ganzen Körper. Für das menschliche Auge sind die Schmutzteilchen unsichtbar. Auch löst das Einatmen von dreckiger Luft bei Gesunden meist keine akute Atemnot aus. Vielleicht sind wir deshalb so vergleichsweise sorglos und regen uns mehr über drohende Fahrverbote auf als über den Feinstaub selbst. Doch es wird Zeit, dass wir unsere Gesundheit endlich wichtig nehmen. Und die der anderen - vor allem von Kindern, Kranken und Schwangeren, die besonders unter dicker Luft leiden. Deren Bedürfnisse sind wichtiger als die der Autoindustrie oder unserer individuellen Unlust, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen und das Auto auch einmal stehen zu lassen. Das größte Problem aber ist der lasche Umgang der Politik mit der Autoindustrie. Deutschland spielt hierbei eine unrühmliche Rolle in der EU: Auf Initiative des ehemaligen deutschen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel hin hat die Kommission auf eine verpflichtende Quote für E-Autos verzichtet. Der Automobillobby gelang es, von der Kommission geplante CO2-Grenzwerte abzuschwächen. Die deutschen Konzerne haben Politik und Bürger mit manipulierten Abgaswerten getäuscht. Doch auch die neue GroKo agiert halbherzig: Die geplanten Softwarenachrüstungen reichen wohl nicht aus, um die Emission von Stickoxiden genug zu senken. Umfangreiche Umbauten an Motor oder Abgasanlage von richtigen Stinkern sind in der GroKo umstritten. Dass die Autobauer die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben, zeigt ein Blick in die USA: Dort hat die Automobillobby die Regierung Trump dazu gebracht, die Abgas- und Spritvorschriften der Ära Obama zu kippen. Weil nun Kalifornien und 16 weitere US-Bundesstaaten die Regierung verklagen, fürchten die Hersteller, ihre Fahrzeuge innerhalb des Landes für verschiedene Märkte ausrüsten zu müssen. Offenbar kommt es ihnen nicht in den Sinn, sich freiwillig an die strengeren Grenzwerte zu halten. Experten raten der Autobranche sogar, sich anstatt an den amerikanischen Standards an den strengen chinesischen zu orientieren, denn der technologische Wettlauf um die Autos der Zukunft werde in China entschieden. Dort meint es die Regierung mittlerweile ernst mit dem Kampf gegen Luftverschmutzung - und setzt auf sparsame und E-Autos. Die Bundesregierung sollte sich da inspirieren lassen. Noch diesen Monat könnte sie eine Klage aus Brüssel wegen nicht eingehaltener Grenzwerte für Stickoxide ereilen. Sie muss schnellstens aufhören, die Gestaltung der Verkehrspolitik Autokonzernen, EU oder Gerichten zu überlassen. So erreicht sie ihre Klimaziele nicht und setzt ihre Bürger weiter giftiger Atemluft aus. Das ist verantwortungslos.
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