(neu: Statement VW-Konzern, weitere Details zur Anklage)
WASHINGTON/DETROIT (dpa-AFX) - Die US-Justiz klagt den früheren VW
"Wer versucht, die Vereinigten Staaten zu betrügen, wird einen hohen Preis bezahlen", erklärte US-Justizminister Jeff Sessions laut einer Mitteilung. Die Tatsache, dass kriminelle Straftaten von VW von der höchsten Ebene der Konzernführung abgesegnet gewesen sein dürften, sei erschreckend, sagte der zuständige Staatsanwalt Matthew J. Schneider vom östlichen Bezirk Michigans. Die US-Ermittler gehen davon aus, dass Winterkorn im Mai 2014 und Juli 2015 über die Abgasmanipulation informiert wurde und dann mit anderen Führungskräften entschieden habe, die illegal Praxis fortzusetzen.
Winterkorn wird Betrug vorgeworfen, er soll außerdem Teil einer Verschwörung zum Verstoß gegen US-Umweltgesetze und zur Täuschung der US-Behörden gewesen sein. Insgesamt ist er in vier Punkten angeklagt. Dem 70-Jährigen drohen einem Gerichtssprecher zufolge im Fall einer Verurteilung bis zu 25 Jahre Haft und und eine Geldstrafe von bis zu 275 000 Dollar. Dabei handele es sich jedoch um das Maximum laut Strafgesetzbuch. Winterkorn sei nicht in Haft, so der Sprecher.
Der Top-Manager war im September 2015 von seinem Amt zurückgetreten, kurz nachdem US-Behörden Abgasmanipulationen von zahlreichen Dieselautos bei VW aufgedeckt hatten. VW hatte nur mit einer "Defeat Device" genannten Manipulations-Software die Schadstoff-Grenzwerte eingehalten. In den USA waren rund 600 000 Fahrzeuge betroffen, weltweit etwa 11 Millionen. Winterkorn hatte trotz seines Rücktritts betont, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein.
Volkswagen
Die Strafanzeige gegen Winterkorn in den USA wurde der Staatsanwaltschaft nach bereits im März gestellt, die erweiterte Anklageschrift aber erst jetzt "enthüllt" und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. VW musste wegen des Skandals hohe Strafen zahlen. Der Konzern hat für Vergleiche mit Klägern in Nordamerika schon über 25 Milliarden Euro an Rechtskosten verbucht. In Europa wollen Anwälte ebenfalls Schadenersatz erstreiten.
Durch die Affäre wurde auch das Image des Diesel schwer beschädigt. Diese Krise hält bis heute an. Die US-Justizbehörden hatten zuvor bereits Strafanzeigen gegen acht amtierende und frühere Mitarbeiter des VW-Konzerns gestellt. Zwei von ihnen, der Ingenieur James Liang und der Manager Oliver Schmidt, wurden im August beziehungsweise im Dezember 2017 zu mehrjährigen Haftstrafen und hohen Geldbußen verurteilt. Es handelte sich um das gleiche Verfahren, das sich nun auch gegen Winterkorn richtet.
Gegen den Ex-VW-Chef und andere Führungskräfte wird auch in Deutschland ermittelt. Zum einen wegen des Anfangsverdachts des Betrugs, zum anderen wegen Marktmanipulation. Anleger klagen wegen erlittener Kursverluste auf Schadenersatz in Milliardenhöhe, da die VW-Aktie nach Bekanntwerden des Skandals auf Talfahrt ging. Die Manager sollen die Finanzmärkte zu spät über die Affäre informiert haben. Der Konzern betont stets, dies rechtzeitig getan zu haben.
Winterkorn hatte bis zu seinem Rücktritt im Herbst 2015 eine
glänzende Karriere hingelegt. Zusammen mit dem früheren
VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch stand er unangefochten an der
Spitze des Autokonzerns - bis zum Ausbruch des Dieselskandals. Der
frühere Audi
Nachfolger Winterkorns war im Herbst 2015 der damalige Porsche-Chef Matthias Müller geworden. Müller wiederum war erst vor kurzem von VW-Markenchef Herbert Diess an der Konzernspitze abgelöst worden. Damit verbunden war ein massiver Konzernumbau. Diess hat angekündigt, VW schlagkräftiger zu machen. Das Tempo für Innovationen solle erhöht und neue Akzente gesetzt werden. Die Autobranche ist mitten in einem grundlegenden Wandels, hin zu alternativen Antrieben, immer mehr Internet im Auto und autonomen Fahrzeugen./hbr/hoe/rfri/tst/DP/he
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