Berlin (ots) - Michael Müller, der Regierende Bürgermeister von Berlin, hat einen Lauf. Mit seinem beherzten "Schluss mit Hartz IV" und dem Vorschlag, ein solidarisches Grundeinkommen für Langzeitarbeitslose einzuführen, hat er vor einigen Wochen nationale Aufmerksamkeit erzielt, es in "Tagesschau", "Tagesthemen" und den "Spiegel" geschafft. So tobt nun munter die Diskussion über Hartz IV, Müller beteiligt sich redlich. Dass er das System als solches gar nicht abschaffen will, das geht in der Debatte schon mal unter. Für Müller und seine Gefolgsleute im Roten Rathaus ist das auch zweitrangig. Wichtig ist, dass es ihm endlich gelungen ist, ein Thema zu platzieren, das mit ihm, dem Regierenden Bürgermeister und amtierenden Bundesratspräsidenten, verbunden ist. So nimmt es sich Müller im neusten "Spiegel" auch munter heraus, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zu kritisieren, weil dieser Steuersenkungen für die Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen angekündigt hat. Falsch, sagt Müller und fordert mehr Investitionen. Und weil er schon mal dabei ist, schlägt Müller gleich noch den gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz als Spitzenkandidat für die Europawahl 2019 vor. Man kann das auch Übermut nennen. Denn Müller übersieht - oder will bewusst übersehen -, dass die Probleme in Berlin groß sind, dass sie nicht kleiner werden. In der Stadt, aber auch in seiner eigenen Partei. Schauen wir auf Berlin: Die Wohnungsnot nimmt rasant zu, die Zahl der Baugenehmigungen ist im ersten Quartal dieses Jahres erneut stark zurückgegangen. Rot-Rot-Grün hat sich zwar vorgenommen, Zehntausende Wohnungen zu bauen, doch daraus wird nichts. Weil Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) eben unverändert vor allem auf die Mieter schaut, weil die Linke meint, die Stadt sei sowieso schon zu voll, weil den privaten Investoren so viele Probleme bereitet werden, dass diese kaum zum Bauen kommen oder inzwischen schlicht "auf bessere Zeiten" warten. Müller regte sich in den vergangenen Monaten über Lompscher zwar immer mal wieder ein bisschen auf - verändert hat er nichts. Nicht voran geht es in Berlin auch mit der Verkehrsinfrastruktur - und nein, damit ist nicht nur der BER gemeint. Auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bekommen die Bestellung neuer U-Bahnwagen nicht hin, weil offensichtlich auf BVG-Seite und beim Senat Fehler gemacht wurden. Die S-Bahn meldet nahezu jeden Tag Ausfälle und Verspätungen, die Verkehrslenkung, die Straßenbauarbeiten koordinieren soll, ist im selben schlimmen Zustand wie seit Jahren. Bevor also Müller vom Bundesfinanzminister mehr Investitionen fordert, sollte er es in Berlin erst einmal vormachen. Nicht besser sieht es in der Berliner SPD aus. Sie liegt in Umfragen aktuell bei 19 Prozent, gleichauf mit Linken und CDU. Und dies, obwohl sie den Regierenden Bürgermeister stellt. Auf dem Parteitag Anfang Juni wird Müller zwar wieder als Berliner SPD-Chef bestätigt werden, weil sich kein anderer aus der Deckung traut. Aber der Zustand der Berliner SPD ist so schlecht, dass ein scheidender SPD-Vizechef (und Staatssekretär!) öffentlich über den "Mehltau" reden kann, der die Führungsstrukturen der Berliner SPD befallen habe, und detailliert beschreiben darf, wie sich Müller und SPD-Fraktionschef Raed Saleh gegenseitig blockieren. Wer mag da widersprechen? Müller wollte als neuen Vizechef im künftigen SPD-Landesvorstand übrigens gerne Kevin Kühnert, den prominenten Juso-Bundesvorsitzenden, sehen. Es ist ihm nicht gelungen, Kühnert durchzusetzen.
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