Bielefeld (ots) - Integration kann so viele Gesichter haben. Diese kleine, willensstarke Frau trägt in der Öffentlichkeit ein Kopftuch, wie es in der Kultur, aus der sie stammt, üblich ist, und sie spricht nur wenig Deutsch. Und doch ist diese Frau so etwas wie ein Symbol für das Zusammenleben von Türken und Deutschen - in Deutschland. Die Rede ist von Mevlüde Genç, jener Türkin aus Solingen, der rechtsextreme Fanatiker vor 25 Jahren das Schlimmste angetan haben, was man einer Mutter antun kann. Sie ermordeten ihre Töchter und Enkelkinder. Oder, wie sie es selbst ausdrückt: "Sie machten unser Heim zu einem Grab." Und trotzdem sagt diese Frau, sie sei Türkin und Deutsche zugleich. Und: Nicht "die Deutschen", sondern vier Einzelpersonen hätten ihre Familie zerstört. Ihre Kinder, die den Brandanschlag überlebt haben, nennen Solingen immer noch ihr Zuhause. Und natürlich spricht diese Generation Genç auch hervorragend Deutsch. Die kleine Frau mit dem bunten Kopftuch, die gestern trotz des anhaltenden Schmerzes in ihrer Seele bei der Gedenkstunde in der Staatskanzlei so stark und im besten Sinne selbstbewusst auftrat, ermahnt uns, vorsichtiger zu sein mit unseren Urteilen. Nicht ein Kopftuch oder die deutsche Sprache sind alleine entscheidend für die Frage, ob ein Mensch, ob eine Familie sich in eine Gesellschaft integrieren und eine Bereicherung für diese Gesellschaft darstellen kann. Die Wirkmächtigkeit dieser Frau aber geht über Fragen der Integration weit hinaus. Tatsächlich führte sie am Jahrestag des schrecklichen Verbrechens von Solingen die deutsche Kanzlerin und den türkischen Außenminister zusammen. Eine Stunde lang wenigstens ruhten die deutsch-türkischen Konflikte, die der türkische Staatspräsident Erdogan mit seiner antidemokratischen Politik heraufbeschworen hat. Sein Außenminister sprach unter dem Eindruck von Familie Genç sogar von "deutschen Freunden", die den Schmerz mit Familie Genç teilen. Das deutsch-türkische Verhältnis ist eben mehr als der aktuelle Konflikt mit Erdogan. Drei Millionen türkischstämmige Menschen leben in Deutschland, eine Million davon in NRW. Viele von ihnen spüren dasselbe wie Mutter Genç, nämlich dass sie ein Teil Deutschlands sind, aber auch ein Teil der Türkei. Das deutsche Verhältnis zu dem Land am Bosporus wird deshalb immer ein besonderes sein. Auch diese Einsicht hat uns Mevlüde Genç mit ihrer großen Menschlichkeit noch einmal deutlich gemacht.
OTS: Neue Westfälische (Bielefeld) newsroom: http://www.presseportal.de/nr/65487 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2
Pressekontakt: Neue Westfälische News Desk Telefon: 0521 555 271 nachrichten@neue-westfaelische.de
OTS: Neue Westfälische (Bielefeld) newsroom: http://www.presseportal.de/nr/65487 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2
Pressekontakt: Neue Westfälische News Desk Telefon: 0521 555 271 nachrichten@neue-westfaelische.de
© 2018 news aktuell