Nach dem angekündigten Austritt der USA aus dem UN-Menschenrechtsrat hat die ehemalige UN-Sonderermittlerin zu Syrien, Carla del Ponte, schwere Vorwürfe gegen das Gremium erhoben. "Menschenrechtsverletzungen geschehen überall auf der Welt. In Afrika, in Jemen. Die Hälfte der Staaten, die im UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) sitzen, verletzen selbst die Menschenrechte", sagte die Schweizerin del Ponte der "Bild" (Donnerstagausgabe).
Del Ponte, die ihren Dienst aus Protest gegen die Untätigkeit der Vereinten Nationen im Syrien-Konflikt quittiert hatte, forderte eine Neu-Organisation des Gremiums. "Wir bräuchten dringend eine Reform: Länder, die täglich Menschenrechte verletzen, müssten aus dem UNHRC herausgeworfen werden. Und das Veto-Recht muss weg", so Carla del Ponte, ehemals Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien.
Auch die Verantwortung dafür, dass Syriens Machthaber Assad bislang keine Anklage durch ein internationales Tribunal fürchten muss, sieht die EX-UN-Sonderermittlerin bei der Uno: "Wenn Sie jahrelang grausame Verbrechen wie in Syrien ermitteln, braucht es am Ende ein Tribunal, einen internationalen Gerichtshof. Wir reden von Fassbomben auf Warteschlangen vor Bäckereien, von gezieltem Beschuss von Schulen und Krankenhäusern, vom Einsatz des Giftgases Sarin gegen Zivilisten, von Vergewaltigungen und Folter, sogar von Kindern. Viele Täter und Strukturen sind bekannt. Aber die internationale Gemeinschaft, konkret der UN-Sicherheitsrat, will diesen Gerichtshof nicht haben."
Konkret hätten Russland und China mit ihrem Vetorecht verhindert, dass sie die syrische Führung trotz einer Vielzahl dokumentierter Kriegsverbrechen vor Gericht bringen konnte. Selbst der von del Ponte als Völkermord eingestufte Angriff von ISIS-Kämpfern auf die Minderheit der Jesiden habe nicht zur Errichtung eines internationalen Tribunals geführt: "Die Uno, die sich gern als Welt-Gewissen darstellt, sieht lieber tatenlos zu."