Regensburg (ots) - Es ist nicht zu erwarten, dass Angela Merkel - ähnlich wie Toni Kroos im dramatischen WM-Spiel gegen Schweden - in in der Verlängerung noch den Siegtreffen gegen die angriffslustige und unerbittliche CSU erzielen kann. Das gestrige Treffen der zumindest Merkel-geneigten unter den EU-Regierungschefs in Brüssel hat, wie erwartet, keine substanziellen Lösungen, keine bilateralen Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen erbracht. Bereits vor dem Treffen hatte Merkel die Hoffnungen gedämpft. Es handele sich lediglich um ein informelles Arbeitstreffen, einen ersten Austausch ohne Abschlusserklärung, stapelte Merkel tief. Doch mit dürftigen Formelkompromissen, etwa wolkig in Aussicht gestellten bi- und trilateralen Rücknahmevereinbarungen, wird die Kanzlerin die CSU nicht besänftigen können. Angel Merkel steht in den nächsten Tagen ein äußerst schwieriges Endspiel bevor. Der Ausgang ist völlig ungewiss. Kunstvolle Freistöße ins Tor sind in der Politik höchst selten. Dabei geht es um sehr viel. Nicht nur um die relativ kleine, eher grenzpolizeilich relevante Frage, ob bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlingen an der deutschen Grenze abgewiesen werden können. Zurückweisungen an der bayerisch-österreichischen Grenze gibt es längst, ohne dass Seehofer sie extra anordnen müsste oder dass Merkel sie unterbinden könnte. Inzwischen geht es um viel größere Beträge. Es geht um den Bestand der Bundesregierung, um Merkels Kanzlerschaft, um das Schicksal der sieben Jahrzehnte währenden politischen Union aus CDU und CSU. Es geht zugleich um die politische Stabilität des größten Landes in einer fragilen Europäischen Union. Und es geht, weltpolitisch betrachtet, um ein Gegengewicht zur Politik der Trump, Erdogan oder Putin, die bereit sind, für enge nationale und eigensüchtige Interessen den Multilateralismus, internationales Recht und internationale Organisationen in die Tonne zu treten. In der CSU-Spitze freilich wird derzeit eine Art Scheuklappen-Politik betrieben. Söder, Seehofer, Dobrindt und Co. schauen, ohne nach rechts oder links zu blicken, nur noch auf den 14. Oktober, den Tag einer - historischen - Landtagswahl im Freistaat. Ginge die Mehrheit der CSU im nächsten Landtag flöten, wäre das offenbar schlimmer, als wenn der weiß-blaue Himmel über Bayern einstürzen würde. Dabei sind Verluste oder Zugewinne bei Wahlen eine demokratische Normalität. Die seit 1962 bestehende absolute Mehrheit der Christsozialen war übrigens bereits vor zehn Jahren einmal verloren gegangen. In den folgenden fünf Jahren einer vom Wähler erzwungenen CSU-FDP-Regierung unter dem Ministerpräsidenten Horst Seehofer ist Bayern nicht abgestürzt, sondern hat sich weiter kraftvoll entwickelt. Die Furcht vor dem Verlust der absoluten Mehrheit nimmt in der CSU schon fast panische Züge an. Im übrigen Deutschland sind Wechsel in den Landesregierungen keine schlimmen Ausnahmen, sondern fast die Regel. So ist Politik, wenn der freie Wählerwille entscheidet. Eine gesamteuropäische Regelung, wie mit Flüchtlingen und Asylsuchenden umzugehen ist, ist vor allem deshalb so schwierig, weil die nationalen und politischen Interessen der Mitglieder so weit auseinandergehen. Die Brüsseler Gemeinschaft ist dabei längst kein Club der Merkel-Fans mehr. Und spätestens seit Merkel im Spätsommer 2015 hunderttausende Flüchtlinge unkontrolliert nach Deutschland einreisen ließ, ist die Reihe ihre fundamentalen Kritiker stark angewachsen. Sie reicht von Budapest, Warschau, Bratislava, Prag bis inzwischen auch nach Wien und Rom.
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