Mainz (ots) - Aktuell sieht es nicht danach aus, dass der innenpolitisch in die Enge getriebenen Bundeskanzlerin auf europäischer Ebene der erhoffte Befreiungsschlag in der Flüchtlingsfrage gelingt. Nach allem, was am Sonntagabend aus Brüssel zu hören war, ist die von Angela Merkel beschworene "gemeinsame europäische Lösung" allenfalls in Form der Errichtung einer Festung Europa zu haben: Die weitere Abriegelung der EU-Außengrenzen und die Einrichtung von Asylzentren weit jenseits dieser Grenzen scheinen im Kreis der Staatschefs noch am ehesten konsensfähige Projekte zu sein. Auch der Zehn-Punkte-Plan, den Italiens Regierungschef Giuseppe Conte nach Brüssel mitbrachte, liegt auf dieser Linie. Am offensivsten wirbt Sebastian Kurz für eine Politik der Abschottung. Überhaupt tritt der österreichische Bundeskanzler wenige Tage vor seinem Antritt der EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli immer forscher auf, beschwor zuletzt gar eine "Achse Rom-Wien-Berlin". Es war wohl der diplomatischen Höflichkeit geschuldet, dass Kurz nicht gleich "Rom-Wien-München" sagte. Es ist die CSU, die sich mit zittrigem Blick auf die anstehende Bayernwahl beim Flüchtlingsthema an Kurz' Mitte-Rechts-Regierung und die italienische Lega Nord heranwanzt und eine politische Eskalation in Berlin in Kauf nimmt. Die Hauptverantwortung für die Regierungskrise trägt freilich die Kanzlerin selbst. Im Sinne der Machterhaltung nahm sie es hin, dass der kleinste gemeinsame Nenner zwischen den Regierungsparteien immer kleiner wurde - bis er so klein war, dass nun ein Bruch der Berliner Koalition droht.
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