Von Max A. Cherney
NEW YORK (Dow Jones)--Der kanadische Hersteller von medizinischen Cannabisprodukten Tilray Inc. will an die Börse in den Vereinigten Staaten. Und zwar will der Konzern, als erstes Unternehmen aus einer einst illegalen Branche, sich an der Nasdaq Global Select Market listen lassen. In diesem Segment der Nasdaq gelten die von allen Börsen weltweit strengsten Anforderungen in Bezug auf die finanzielle Situation der Börsenneulinge, auch was die Liquidität betrifft. Es wird damit gerechnet, dass die Kanadier im Juli unter dem Tickersymbol TLRY notiert sein werden. Tilray will im Rahmen seines Listings die Aktien in einer Preisspanne von 14 bis 16 US-Dollar anbieten. Sollte die Aktie in der Mitte der Preisspanne gepreist werden, dann würde Tilray bis zu 135 Millionen Dollar einnehmen. Diese Punkte sollte man zum Börsengang von Tilray wissen:
Der erste Cannabiskultivator an der Nasdaq
Zwar ist Tilray nicht das erste Cannabisunternehmen, das den Gang an die Nasdaq wagt. Denn auch Cronos Group Inc ist sowohl an der Nasdaq als auch an der kanadischen TSXV (Toronto Stock Exchange) gelistet. Aber Tilray wird der erste Cannabiszüchter sein, der an der Nasdaq Kapital einsammelt. Ein anderes Unternehmen aus der Branche namens Innovative Industrial Properties Inc (IIPR) ging zwar auch an die New Yorker Börse (NYSE), ist aber im Gegensatz zu Tilray eher ein Immobilien-Investmentfonds und kein echter Cannabiszüchter.
Nach Aussage von Scott Greiper, Präsident und Gründer von Viridian Capital Advisors, unterliegt Marihuana in den USA nach wie vor strenger Regularien. Kanada ist das erste Industrieland, dass ab Oktober den Konsum durch Erwachsene vollständig legalisiert. Zudem hat das Land seit Jahren einen boomenden Medizinbereich, in dem medizinische Cannabisprodukte verordnet werden. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass Tilray seinen Börsengang just nach der Ankündigung des Legalisierungsdatums gestellt hat.
Viridian Capital Advisors, eine US-Investmentbank, die sich auf die Cannabisbranche spezialisiert hat, beobachtet seit 2014 die Kapitalmarkttransaktionen der Cannabisunternehmen, und Greiper sagte weiter, seine Investitionen hätten sich seit jeher eher auf Kanada konzentriert. Auch das Geld der institutionellen Investoren fließe eher in den Norden, so Greiper weiter. Aber nun da die Branche zunehmend an Legitimität und Legalität gewinne, würden sich die US-Börsen für die Unternehmen erwärmen, welche die Pflanzen anbauen und verarbeiten. Und da passe Tilray ins Bild.
"Im Allgemeinen waren die US-Kapitalmärkte für die Züchter generell verschlossen", sagte Greiper. "Tilray zeigt, dass sich Börsen wie die Nasdaq und die New York Stock Exchange langsam der Tatsache öffneten, dass Cannabis ein legaler Markt ist. Und jede Börse sei gern bei Innovationen im Kapitalmarkt ganz vorne mit dabei. Und nun unterstützen auch mehrere renommierte US-Banken das Thema. In den USA werden die Tilray-Aktien gemeinsam von Cowen, Roth Capital Partners und Northland Capital Markets als Bookrunner offeriert. In Kanada werden die Aktien von BMO Nesbitt Burns und Eight Capital angeboten.
Wie verdient Tilray Geld
Im Wesentlichen baut Tilray Cannabis an, verarbeitet es und verkauft das Enderzeugnis als Medizinprodukt an Patienten in Kanada, Australien und Deutschland. Dafür hat der Konzern mit Pharmahändlern Vereinbarungen geschlossen. Derzeit züchtet das Unternehmen Cannabis in Kanada und Europa. Das Hauptprodukt von Tilray ist verarbeiteter Cannabis, aber in vielerlei Hinsicht ähnelt der Jahresabschluss des Unternehmens dem eines produzierenden Unternehmens: Es benötigt beispielsweise Anlagen und Ausrüstung. Aus dem Börsenprospekt geht hervor, dass 28 Länder Cannabis aus medizinischen Gründen legalisiert haben. Und einschließlich des Schwarzmarktes ist Cannabis ein Geschäft von 150 Milliarden Dollar jährlich.
Im ersten Quartal verzeichnete Tilray einen Nettoverlust von 5,2 Millionen Dollar bei einem Umsatz von 7,8 Millionen Dollar. Im Vorjahresvergleich lag der Verlust bei 679.000 Dollar und die Einnahmen bei 5 Millionen Dollar. Für das Gesamtjahr 2017 wies Tilray einen Umsatz von 20,5 Millionen Dollar aus und schrieb rote Zahlen von 7,8 Millionen Dollar. In Kanada verkauft Tilray seine Produkte direkt an Verbraucher über seine E-Commerce-Plattform und den Telefonverkauf. Darüber hinaus hat die Gesellschaft eine Reihe von Verträgen mit Pharmahändlern in Kanada und anderswo in der Welt, darunter auch die Novartis-Tochter Sandoz.
Cannabis-Züchten ist immer noch ein seltsames Geschäft
Im ersten Quartal 2018 erntete Tilray 1.693 Kilo Cannabis und verkaufte 1.299 Kilo zu einem durchschnittlichen Nettoverkaufspreis von 5,94 Dollar pro Gramm, ein Plus von 7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Es kostete das Unternehmen durchschnittlich 2,81 Dollar, um den Pot zu produzieren, eine Steigerung von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Wie Tilray in einer Eingabe an die US-Börsenaufsicht SEC mitteilte, ändern sich weltweit die Einstellungen und rechtlichen Regelungen in Bezug auf Cannabis. Allerdings sieht das Unternehmen auch eine Reihe signifikanter Risiken. Auf lange Sicht wetten die Früh-Investoren darauf, dass die USA schließlich ihre Bundesgesetze ändern werden, um die Droge zu legalisieren.
Dort wo Tilray innerhalb eines föderal geregelten Medizinsystems erlaubt ist - in Ländern wie Kanada - , ist Cannabis und Marihuana eine gründlich regulierte Industrie. Fast jeder Aspekt des Geschäftes erfordert eine Lizenz. In Kanada beispielsweise benötigt Tilray die Genehmigung von mindestens zwei Bundesbehörden, um seine Produkte herzustellen, und jede Provinz hat auch ihr eigenes Regulierungssystem. In dem Börsenprospekt heißt es weiter, Tilray werde von den Vorteilen des globalen Wandels der Regulierungssysteme profitieren. Der Konzern hat mit Pharmahändlern in 12 Ländern Verträge geschlossen und führt vier klinische Studien in drei Ländern durch.
Zudem gehört Tilray zu den ersten Unternehmen, das Lizenzen für Kultivierungsanlagen in zwei Ländern - Portugal und Kanada - besitzt. Insgesamt verfügt das Unternehmen über Zulassungen zur Versorgung von Patienten und Forschern auf fünf Kontinenten. "Wir streben an, die Zukunft unserer Branche zu legitimieren und zu definieren, indem wir das weltweit vertrauenswürdigste Cannabisunternehmen aufbauen", schreibt das Unternehmen.
Die Kapitalstruktur von Tilray ist komplex
Tilray ist ein beherrschtes Unternehmen. Das bedeutet, dass es auch nach dem Börsengang von Privateer Holdings Inc. mit Sitz in Seattle kontrolliert wird, einer Venture-Capital-Firma, die sich ausschließlich auf die Marihuana-Industrie konzentriert. Tilray will Aktien zweier unterschiedlicher Aktiengattungen anbieten. Bei den Aktien der Klasse 2 erhalten die Anleger eine Stimme je Aktie. Bei den Aktien der Klasse 1 erhält der Investor drei Stimmrechte je Aktie. Derzeit hält Privateer alle 75 Millionen Aktien der Klasse 1. Eine Gruppe nicht veröffentlichter institutioneller Investoren besitzt rund 8 Millionen Vorzugsaktien, die nach Abschluss des Angebots in Aktien der Klasse 1 umgewandelt werden. Privateer hat Tilray auch Kredit- und Kreditfazilitäten in Höhe von insgesamt 34 Millionen Dollar gewährt.
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July 12, 2018 11:15 ET (15:15 GMT)
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