Der Berliner Senat zeigt sich alarmiert über den Umgang mit Patientenakten an Deutschlands Vorzeigeklinikum Charité. Dem Nachrichtenmagazin Focus sagte ein Senatssprecher, Wissenschafts-Staatssekretär Steffen Krach (SPD) habe mit dem Charité-Vorstand und der Berliner Datenschutzbeauftragten bereits über die "Einhaltung des Datenschutzes und die schnellstmögliche Behebung der Beanstandungen an der Charité" gesprochen.
Über das "weitere Vorgehen" werde es demnächst einen Folgetermin mit der Klinikleitung und der Datenschützerin geben. Hintergrund sind Äußerungen von Karl Max Einhäupl, dem Vorstandschef der Charité, schreibt Focus weiter. Auf einer Sitzung des Unterausschusses für Datenschutz und Informationsfreiheit im Berliner Abgeordnetenhaus soll er schon 2017 schwere Verstöße eingeräumt haben, die damals nicht thematisiert wurden. "Und wenn wir gegen Gesetze verstoßen haben, haben wir das nicht mit bösem Willen gemacht, sondern (...) weil wir uns dessen nicht so bewusst gewesen sind", zitiert Focus den Mediziner aus dem entsprechenden Sitzungsprotokoll.
Und weiter sagte Einhäupl: "Ich behaupte jetzt ganz frech: Wenn Sie irgendwo in Deutschland in solche großen Kliniken gucken, dann werden Sie erleben, dass es dort mindestens so schockierende Missachtungen gibt." Aus der Antwort des Berliner Senats auf eine aktuelle Anfrage des FDP-Politikers Marcel Luthe geht hervor, dass es an der landeseigenen Großklinik in der Vergangenheit jährlich "vier bis fünf Verdachtsfälle" einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gegeben habe. Die staatliche Klinik bescheinigte sich allerdings laut Senatsauskunft jedes Mal selbst, dass sich keine Schadensersatzpflicht ergeben hätte. Deshalb habe die Charité die betroffenen Patienten auch nie informiert.
"Es ist schlicht abenteuerlich, wenn sich die Charité anmaßt, selbst zu beurteilen, ob ein Patient Schadensersatzansprüche gegen sie haben könnte - und deshalb vorsichtshalber die Patienten gar nicht erst in Kenntnis setzt", kritisierte Luthe im Focus.