Regensburg (ots) - Der Ort für das Gipfeltreffen Putins und Trump hat Symbolkraft. Das im Kalten Krieg neutrale Finnland erkaufte sich seinen Frieden mit der Sowjetunion mit dem Versprechen, den Zielen Moskaus nicht im Weg zu stehen. Die "Finnlandisierung der Vereinigten Staaten" Trumps sei fast erreicht, fürchtet der "New York Times"-Kolumnist Roger Cohen in der New York Times. In mancher Beziehung sei es sogar schlimmer. Trump sei nicht neutral. Diese Sorge wird bis in die Regierung hinein geteilt. Verteidigungsminister Jim Mattis und dem Nationalen Sicherheitsberater John Bolton werden Bauchschmerzen wegen der mysteriösen Nähe zu Putin nachgesagt. Doch auch sie haben es nicht verhindern können, dass Trump den russischen Präsidenten regelmäßig wie einen Vertrauten konsultiert. Der Präsident verfolgt gegenüber Russland einen eigenen Kurs, der zum Teil im offenen Widerspruch zu den Ratschlägen seiner Minister und Experten steht. Jüngstes Beispiel ist der Umgang mit der Anklage von Sonderermittler Robert Mueller gegen zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter. Während der Direktor des Nationalen Geheimdienstes, Dan Coats, Russland als "aggressivsten ausländischen Akteur" bei Cyberattacken ausmacht, spielt Donald Trump die Einmischungen bei einer Pressekonferenz mit der britischen Premierministerin Theresa May als "Hexenjagd" herunter. Ähnlich verhält es sich mit dem Abschlusskommuniqué der NATO. Die darin enthaltene klare Kante gegen Putins Expansionskurs reflektiert das Denken von Mattis und Bolton, nicht das des Präsidenten. Es besteht durchaus die Gefahr, dass der Gipfel in Finnland Putins brutale Taktiken in der Ukraine, Syrien, gegenüber der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten absegnet. Helsinki könnte in der Rückschau der symbolische Name für eine Besänftigungs-Politik werden wie München 1938 oder Jalta 1945. Das gewählte Format des Gipfels lädt geradewegs dazu ein. Trump und Putin wollen, lediglich von Übersetzern begleitet, alleine miteinander sprechen. Das erlaubt es Trump, Zugeständnisse zu machen, ohne dass ein Protokollant oder Berater dabei wäre. Ein Putin-Trump-Pakt scheint in Helsinki durchaus denkbar. Leidtragende wären die europäischen Staaten, denen Trump in Brüssel damit drohte, das Bündnis zu verlassen. Ein Ziel, das vor Putin schon alle anderen sowjetischen und russischen Führer verfolgt hatten. Eine Schnittmenge besteht auch bei dem Versuch, die Europäische Union zu spalten. Moskau treibt das aktiv durch die Förderung rechts-nationalistischer Bewegungen und Parteien voran. Russische Troll-Armeen schüren dafür in den sozialen Netzwerken Unfrieden. Sie hetzen gegen Flüchtlinge, spielen Gegensätze hoch und verbreiten Fake News. Trump lässt seinerseits nichts unversucht, die EU aktiv zu unterminieren. Er setzt auf dieselbe "Teile-und-Herrsche"-Politik, die Putin verfolgt. Beide Präsidenten haben es lieber mit kleinen Nationalstaaten zu tun, die sich leichter herumkommandieren lassen, als einer starken Europäischen Union mit einer halben Milliarde Menschen. Die beste Hoffnung für Europa gegen einen Pakt der seelenverwandeten National-Chauvinisten bleibt der Widerstand aus dem US-Kongress, dem Pentagon, dem Außen- und Finanzministerium und den Geheimdiensten gegen eine Kapitulation vor Putins zynischer Großmachtpolitik. Anders als Putin kann Trump als amerikanischer Präsident nicht alles alleine entscheiden - selbst wenn er wollte.
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