Bielefeld (ots) - Pas possible. Unmöglich. Keine Chance. Schon vor 500 Jahren undenkbar. Seit 1566 gilt in Frankreich ein Gesetz, das die Rückführung von Kulturobjekten verbietet, die aus fremden Ländern stammen. Berlin hingegen dreht eine ziemlich elegante Pirouette. Fremdkultur soll dort »Weltbürger schaffen«. Wie? Indem »wir unsere Schätze mit aller Welt teilen«, sagt Neil MacGregor, Gründungsintendant des Humboldt-Forums. Denn was die Berliner Museen zeigen, sei »Weltkulturerbe«. Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Seit ausgerechnet Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte, in nur fünf Jahren die Voraussetzungen für die Restitution des afrikanischen Erbes an Afrika zu schaffen, sind die Forderungen nach Rückgabe lauter geworden. Afrikas Staaten verfolgen unzweifelhaft partikulare - nationale - Interessen. Dem steht der universalistische Anspruch der europäischen Museen gegenüber, Kultur aus der ganzen Welt eben auch dieser ganzen Welt zu zeigen. Das funktioniert. Im Berliner Naturkundemuseum steht das Skelett eines Brachiosaurus, ausgegraben in Tansania, damals Deutsch-Ostafrika. Aktivisten wie die vom Verein »Postkolonial« stellen zwar Maximalforderungen (sie haben schon von einem an der Fundstelle zu errichtenden Museum fantasiert), aber in Tansanias Hauptstadt Dodoma reagiert man entspannt: Von Rückgabe ist keine Rede, man fragt an, ob man an den Berliner Eintrittsgeldern beteiligt werden könnte. Klar! Und man würde gerne an der wissenschaftlichen Erforschung des Skeletts teilnehmen. Ja, warum denn nicht! In Dodoma betrachtet man Europas Museen nicht mehr als Räuberkammern. Darauf lässt sich aufbauen. Denn es braucht Zeit, die Umstände zu klären, unter denen die Objekte an die Kolonialmächte kamen. Ferner müssen sich die Museen sorgen, dass zur Restitution anstehende Objekte nicht im Palast eines lokalen Potentaten verschwinden oder - Devisen! Devisen! - auf Nimmerwiedersehen auktioniert werden. Afrika wird sich ein wenig gedulden müssen. Restitution jetzt und um jeden Preis: pas possible. Aber im Gegenzug sind auch die alten Kolonialmächte gefordert. Drei Punkte: Erstens sieht die Große Koalition, Kulturthemen ganz abhold, sobald das Wort »Raubkunst« fällt, überall nur Nazis, Nazis, Nazis. Dieser Blick muss sich weiten. Zweitens muss ein Notarzt her, der das im Koma liegende Humboldt-Forum lebenserhaltend erstversorgt - dort sollen ja dermaleinst die ethnologischen Schätze präsentiert werden. Drittens wäre ein Abkommen vonnöten, das nach dem Vorbild der Washingtoner Erklärung (zur NS-Raubkunst) Druck aufbaut, sinnvolle Übereinkünfte zu verabreden. Daran, übrigens, arbeitet man. Koloniales Erbe ist gemeinsames Erbe. Nicht falls es Raubkunst ist. Aber öfter, als manch einer wahrhaben will.
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