Berlin (ots) - Kurzform: Die neue Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die Kanzlerin Angela Merkel zur Überraschung selbst vieler Parteifreunde mit dem wichtigen Kabinettsposten betraute, ist bislang überaus blass geblieben. Dabei ist der Einfluss des Bundes in der Bildungspolitik, die Sache der Länder ist, trotz des Fortbestands des unseligen Kooperationsverbotes gewachsen. Karliczek muss jetzt Tempo machen, damit spätestens zum Wintersemester 2019/20 wieder mehr Studenten Bafög beziehen können. Dafür müssen Einkommensgrenzen angepasst, Frei- und Förderbeträge angehoben werden. Das wird einiges kosten, vielleicht mehr als die veranschlagte eine Milliarde. Aber jeder Euro mehr Bafög ist gut investiertes Geld für mehr Bildungsgerechtigkeit.
Der vollständige Leitartikel: Wer nicht das Glück hatte, in eine gut behütete Akademikerfamilie hineingeboren worden zu sein, weiß, was das Bafög für ein Segen sein kann. Hunderttausende Arbeiter- und Migrantenkinder hätten es in den vergangenen Jahrzehnten ohne die Ausbildungsförderung nicht geschafft, oft als erstes Familienmitglied überhaupt an die Uni zu gehen. Die Hälfte eines Jahrgangs - Bachelor und Master sei Dank - studiert an hoffnungslos überfüllten Hochschulen. Aber nur 18 Prozent der fast 2,9 Millionen Studierenden bekommen noch Bafög. Das sind so wenige wie seit 15 Jahren nicht mehr. Aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung mit steigenden Löhnen können mehr Familien aus eigener Kraft die Ausbildung ihrer Kinder bezahlen. Auch ist der durchschnittliche Förderbetrag, den ein Student 2017 erhielt, um 7,5 Prozent auf 499 Euro gestiegen, bei Schülern etwas weniger stark. Allerdings gab es zwischen 2010 und 2016 Nullrunden. Zum Leben reicht das Bafög-Geld in den allermeisten Studentenstädten hinten und vorne nicht. Viele Eltern, die knapp über den Bafög-Einkommensgrenzen liegen, schnallen den Gürtel lieber enger, als eine Förderung zu beantragen, damit die Tochter oder der Sohn im Hörsaal sitzen kann. Das führt dazu, dass diese Studenten aus der Statistik fallen. Aber statt für das nächste Seminar oder die Diplomarbeit zu büffeln, kellnern sie in der Kneipe oder sitzen an der Ladenkasse, um über die Runden zu kommen. In Metropolen wie München, Frankfurt oder Hamburg kostet ein WG-Zimmer mitunter über 500 Euro. Die starre Wohnkostenpauschale beim Bafög deckt das nicht ab. Hier muss sich dringend etwas ändern. Wie etwa durch eine regionale Staffelung, denn die Mietpreise sind nicht überall gleich. Alarmierend bleibt, dass gute Bildung wie in kaum einem anderen Industrieland so stark vom Geldbeutel und der Herkunft der Eltern abhängt. Kinder aus nicht akademischen Haushalten haben es viel schwerer, mit einem Studium einen großen Schritt zu einem gut bezahlten Beruf zu machen. Statistiken sprechen eine seit Langem unverändert deutliche Sprache: Von 100 Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, gehen 21 an eine Hochschule, schaffen 15 einen Bachelor, machen acht den Master - und nur einer promoviert. Von 100 Kindern mit mindestens einem studierten Elternteil erreichen 74 eine Hochschule, schaffen 63 einen Bachelor, machen 45 den Master und promovieren zehn. Umso wichtiger sind Bafög und Studienkredite, damit klugen Arbeiter- und Migrantenkindern nicht der Aufstieg verbaut wird. Angesichts des Fachkräftemangels kann eine Industrienation, deren wichtigster Rohstoff gute Bildung ist, auf diese Köpfe nicht verzichten. Die Koalition hat das nach jahrelangem Stillstand erkannt. Union und SPD wollen bis 2021 insgesamt eine Milliarde Euro lockermachen. Das ist ein überfälliger und richtiger Schritt. Die neue Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die Kanzlerin Angela Merkel zur Überraschung selbst vieler Parteifreunde mit dem wichtigen Kabinettsposten betraute, ist bislang überaus blass geblieben. Dabei ist der Einfluss des Bundes in der Bildungspolitik, die Sache der Länder ist, trotz des Fortbestands des unseligen Kooperationsverbotes gewachsen. Karliczek muss jetzt Tempo machen, damit spätestens zum Wintersemester 2019/20 wieder mehr Studenten Bafög beziehen können. Dafür müssen Einkommensgrenzen angepasst, Frei- und Förderbeträge angehoben werden. Das wird einiges kosten, vielleicht mehr als die veranschlagte eine Milliarde. Aber jeder Euro mehr Bafög ist gut investiertes Geld für mehr Bildungsgerechtigkeit.
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Der vollständige Leitartikel: Wer nicht das Glück hatte, in eine gut behütete Akademikerfamilie hineingeboren worden zu sein, weiß, was das Bafög für ein Segen sein kann. Hunderttausende Arbeiter- und Migrantenkinder hätten es in den vergangenen Jahrzehnten ohne die Ausbildungsförderung nicht geschafft, oft als erstes Familienmitglied überhaupt an die Uni zu gehen. Die Hälfte eines Jahrgangs - Bachelor und Master sei Dank - studiert an hoffnungslos überfüllten Hochschulen. Aber nur 18 Prozent der fast 2,9 Millionen Studierenden bekommen noch Bafög. Das sind so wenige wie seit 15 Jahren nicht mehr. Aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung mit steigenden Löhnen können mehr Familien aus eigener Kraft die Ausbildung ihrer Kinder bezahlen. Auch ist der durchschnittliche Förderbetrag, den ein Student 2017 erhielt, um 7,5 Prozent auf 499 Euro gestiegen, bei Schülern etwas weniger stark. Allerdings gab es zwischen 2010 und 2016 Nullrunden. Zum Leben reicht das Bafög-Geld in den allermeisten Studentenstädten hinten und vorne nicht. Viele Eltern, die knapp über den Bafög-Einkommensgrenzen liegen, schnallen den Gürtel lieber enger, als eine Förderung zu beantragen, damit die Tochter oder der Sohn im Hörsaal sitzen kann. Das führt dazu, dass diese Studenten aus der Statistik fallen. Aber statt für das nächste Seminar oder die Diplomarbeit zu büffeln, kellnern sie in der Kneipe oder sitzen an der Ladenkasse, um über die Runden zu kommen. In Metropolen wie München, Frankfurt oder Hamburg kostet ein WG-Zimmer mitunter über 500 Euro. Die starre Wohnkostenpauschale beim Bafög deckt das nicht ab. Hier muss sich dringend etwas ändern. Wie etwa durch eine regionale Staffelung, denn die Mietpreise sind nicht überall gleich. Alarmierend bleibt, dass gute Bildung wie in kaum einem anderen Industrieland so stark vom Geldbeutel und der Herkunft der Eltern abhängt. Kinder aus nicht akademischen Haushalten haben es viel schwerer, mit einem Studium einen großen Schritt zu einem gut bezahlten Beruf zu machen. Statistiken sprechen eine seit Langem unverändert deutliche Sprache: Von 100 Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, gehen 21 an eine Hochschule, schaffen 15 einen Bachelor, machen acht den Master - und nur einer promoviert. Von 100 Kindern mit mindestens einem studierten Elternteil erreichen 74 eine Hochschule, schaffen 63 einen Bachelor, machen 45 den Master und promovieren zehn. Umso wichtiger sind Bafög und Studienkredite, damit klugen Arbeiter- und Migrantenkindern nicht der Aufstieg verbaut wird. Angesichts des Fachkräftemangels kann eine Industrienation, deren wichtigster Rohstoff gute Bildung ist, auf diese Köpfe nicht verzichten. Die Koalition hat das nach jahrelangem Stillstand erkannt. Union und SPD wollen bis 2021 insgesamt eine Milliarde Euro lockermachen. Das ist ein überfälliger und richtiger Schritt. Die neue Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die Kanzlerin Angela Merkel zur Überraschung selbst vieler Parteifreunde mit dem wichtigen Kabinettsposten betraute, ist bislang überaus blass geblieben. Dabei ist der Einfluss des Bundes in der Bildungspolitik, die Sache der Länder ist, trotz des Fortbestands des unseligen Kooperationsverbotes gewachsen. Karliczek muss jetzt Tempo machen, damit spätestens zum Wintersemester 2019/20 wieder mehr Studenten Bafög beziehen können. Dafür müssen Einkommensgrenzen angepasst, Frei- und Förderbeträge angehoben werden. Das wird einiges kosten, vielleicht mehr als die veranschlagte eine Milliarde. Aber jeder Euro mehr Bafög ist gut investiertes Geld für mehr Bildungsgerechtigkeit.
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