Bielefeld (ots) - Die Koalition streitet wieder. Endlich! Unions-Fraktionschef Kauder warnt vor weitgehenden Forderungen bei der Rente. Finanzminister Scholz von der SPD will das Rentenniveau bis 2040 stabil halten und andernfalls diese Frage bei der nächsten Bundestagswahl den Wählern vorlegen. Einen Rentenwahlkampf wiederum hält die Union für unverantwortlich. Wie bitte? Selbstverständlich muss um eine so zentrale politische Frage gestritten werden. Notfalls auch im Wahlkampf. Das ist ja das Problem der deutschen Innenpolitik, dass sich in den vergangenen Jahren eine Art Mehltau übers Land legte, weil die Politik sich alternativlos von Entscheidung zu Entscheidung hangeln zu können glaubte. Man muss streiten um die Rente. Politisch. Aber auch inhaltlich. Ist es richtig, dass die Rentenversicherung fast 40 Milliarden Euro auf die hohe Kante legt, die sie aus den Einnahmen der Versicherten zusammengetragen hat? Müsste sie davon nicht etwas zurückgeben? Reicht eine Eckrente von derzeit knapp 1.400 Euro für 45 Jahre Berufstätigkeit mit Durchschnittsbeitrag? Die tatsächliche Rente liegt im Schnitt weitaus niedriger: knapp 1.100 Euro Rente beziehen Männer im Westen, nur etwas mehr als 600 Euro die Frauen. Das ist ziemlich desillusionierend und einer der Gründe, aus denen Altersarmut steigt. Ist die Antwort unserer sozialen Marktwirtschaft darauf tatsächlich, dass Männer und Frauen dann künftig bis 70 oder länger arbeiten sollen, wenn die knappe Rente nicht reicht? Rentenpolitik ist sicher ein weites Feld. Selbstverständlich ist die Generationengerechtigkeit nicht zu vernachlässigen. Die Jüngeren werden nicht dauerhaft für immer älter werdende Rentner immer mehr immer länger zahlen, wenn ihnen der Staat kein gerechtes Angebot macht. Die Rentenbeiträge werden nicht über die 20-Prozentmarke steigen können, ohne erhebliche ökonomische Folgen zu zeigen. Man darf aber die Solidaritätsfrage der Generationen auch ausweiten: Wieso etwa müssen Beamtenpensionen im Schnitt etwa doppelt so hoch sein wie die Durchschnittsrente? Ohne eigene Beiträge übrigens. Wieso erhalten einige Beamte eine 13., eine Art Weihnachtspension, Rentner aber nicht? Welchen Beitrag können also Staatsdiener oder auch Freiberufler leisten? Die Rente zwischen Sicherheit, Auskömmlichkeit und sozialer Gerechtigkeit neu auszutarieren ist keine leichte Aufgabe mit schlichten Lösungen. Aber ein zu weites Feld auch nicht. Der Streit um Lösungen ist das Kerngeschäft von Politik. Also: Streit um die Rente - ja, bitte!
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