
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Vorschlag von SPD-Chefin Andreas Nahles, die durch Währungsturbulenzen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Türkei mit Finanzhilfen zu unterstützen, stößt in der Bevölkerung laut einer Umfrage auf große Ablehnung. Eine deutliche Mehrheit von 71 Prozent der Deutschen lehnte demnach Finanzhilfen der Bundesregierung für die Türkei auch dann ab, wenn die türkische Regierung dafür Zugeständnisse macht, so die Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Welt. Demzufolge befürworteten 22 Prozent solche Finanzhilfen unter diesen Umständen, sieben Prozent waren in dieser Frage unentschieden.
Nur die Anhänger der SPD würden Finanzhilfen für die Türkei laut der repräsentativen Umfrage bei Zugeständnissen mehrheitlich befürworten: 46 Prozent von ihnen waren dafür und 42 Prozent dagegen. Bei den potenziellen Wählern aller anderen Parteien überwog hingegen die Ablehnung: Bei den Grünen-Anhängern lag sie bei 53 Prozent, bei Linken-Anhängern bei 67 Prozent und bei Anhängern der Union bei 69 Prozent. Am größten ist der Unwille, die Türkei finanziell zu unterstützen, bei Anhängern der FDP mit 80 Prozent und der AfD mit 94 Prozent.
Der SPD-Außenpolitiksprecher Nils Schmid hielt dagegen Wirtschaftshilfen für die Türkei bei einem Anhalten der aktuellen Entspannung für sinnvoll. Ein wichtiger politischer und wirtschaftlicher Partner wie die Türkei dürfe nicht hängen gelassen werden, sagte Schmid dem RBB. "Natürlich haben auch die Türken wahrgenommen, dass in Deutschland und der EU eine Bereitschaft da ist, ins Gespräch zu kommen, und es zeichnet sich ab, dass die Türkei wieder stärker auf die EU zugehen will", betonte er. Deutsche und europäische Hilfen seien möglich, wenn sich diese Entwicklung fortsetze.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte hingegen bereits am Montag Forderungen nach deutschen Hilfen für Ankara eine Absage erteilt, wie sie Nahles erhoben hatte. "Die Frage ... deutscher Hilfen für die Türkei stellt sich für die Bundesregierung aktuell nicht", hatte Seibert bei einer Pressekonferenz erklärt. "Das ist nicht unser Fokus und auch nicht der Fokus der Gespräche der Minister."
Am 21. September ist nach Angaben der Bundesregierung ein Treffen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit den entsprechenden türkischen Ministern in Berlin geplant, um den eine Woche später stattfindenden Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland vorzubereiten.
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August 21, 2018 10:09 ET (14:09 GMT)
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