Bielefeld (ots) - Im Umgang mit der deutsch-namibischen Geschichte stoßen gleich fünf Konfliktlinien aufeinander. Seit 2004 stellt sich die Bundesregierung ihrer moralischen Verantwortung für die Kolonialpolitik des deutschen Kaiserreichs, will aber um jeden Preis direkte Wiedergutmachungszahlungen an Opfergruppen vermeiden. Zugleich geht es um den respektvollen Umgang mit anatomischen Sammlungen einer unsäglichen Rassenforschung, die lange vor 1933 begann. Außerdem wird der Völkermord an den Herero und Nama in Namibia differenzierter betrachtet als in Deutschland. Selbst Angehörige der Herero bestreiten Ansprüche nach so langer Zeit. Sie wollen nicht die Bevorzugung einzelner Gruppen. Der junge Staat Namibia bemüht sich, seine Ethnien zu einen. Der alte Tribalismus soll beendet und eine gemeinsame Nation geschaffen werden. An die Stelle des Ochsenkarren-Narrativs der weißen Siedler setzt das Unabhängigkeitsmuseum den scheinbar durchgängigen Widerstand gegen Kolonialherren erst aus Deutschland und dann aus Südafrika. Die Herero, die mit ihrer Klage in den USA eigene Wege gehen, misstrauen der mehrheitlich von Ovambos geführten Swapo-Regierung. Sie fürchten, dass »klebrige Finger« den erhofften Geldsegen minimieren. Außerdem argumentieren Herero und Nama damit, dass der Genozid ihren Bevölkerungsanteil bis heute massiv schmälert. Hier wird Kompensation verlangt. Andere sprechen von Eifersüchteleien. Schließlich hat die Klage auf Reparationen in unbekannter Höhe internationale Signalwirkung. Die USA müssten sich der Verantwortung für die Versklavung von Millionen Afrikanern stellen. Große Ex-Kolonialmächte könnten sich weit höheren Forderungen ausgesetzt sehen. Im Übrigen hat sich Berlin längst erkenntlich gezeigt. Kein Land Afrikas erhielt seit 1990 mehr deutsche Entwicklungsgelder als Namibia. Das Land hat heute eines der besten Gesundheitssysteme auf dem Kontinent. Selbst in den immer noch existenten Townships sind die Verhältnisse graduell besser als anderswo. Problematisch ist die Lage der Landbevölkerung auf dem so genannten Kommunalland. Das sind einst von Weißen bewirtschaftete Farmen, die per Landreform meist an vier bis sechs Großfamilien gegeben werden und selten Erfolg haben. Der juristische Ausgang der Klage in New York ist offen. Unstrittig dagegen ist die politisch-moralische Einordnung des Massensterbens in der wasserlosen Kalahari als Genozid. Die Übernahme von Verantwortung einschließlich der klaren Bitte um Vergebung ist fällig. Eine 2004 ausgesprochene und dann wieder zurückgenommene Entschuldigung sowie zahllose diplomatische Eiertänze danach waren allesamt nur peinlich.
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