Regensburg (ots) - Der Minister im Finanzressort mag gewechselt haben und mit ihm die Partei, die das Ressort innehat, aber das Leitbild der deutschen Finanzpolitik ist die schwäbische Hausfrau geblieben - und über allem steht die schwarze Null als unumstrittenes Ziel. Im ersten Halbjahr 2018 kam die schwarze Null so prall daher, dass man sie nur noch einen Überschuss nennen kann. Von Januar bis Juli nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Das ist ein Rekord und wird weithin als Erfolg bewertet. Dabei ist es schlechte Politik. Denn die schwarze Null ist ein Muster ohne Wert. Es stimmt, dass die Staatsverschuldung geringer wird. Für sich genommen ist das ein Wert. Aber die Fixierung auf die schwarze Null hat viele Nachteile, weil Chancen ausgelassen werden. Das Bild der sparsamen Schwäbin ist hervorragend geeignet, um Wählerstimmen einzusammeln. Aber es unterschlägt den fundamentalen Unterschied zwischen einem Privat-und einem Staatshaushalt im volkswirtschaftlichen Kreislauf. Ein ausgeglichener Staatshaushalt ist kein finanzpolitischer Selbstzweck. Die Kunst besteht vielmehr darin, das Geld möglichst so auszugeben, dass es für heute 12-Jährige eine attraktive Zukunft gibt. Das gilt es dann möglichst tragbar zu gestalten. Nach Schätzung der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute reichen die staatlichen Investitionen derzeit aber gerade einmal, um die verfallende Substanz öffentlicher Einrichtungen zu ersetzen. Das soll erfolgreiche Politik sein? Angesichts der Bevölkerungsentwicklung müsse gespart werden, wird argumentiert. Um spätere Defizite in der Rentenversicherung tragen zu können, gelte es, heute etwas zurückzulegen. Der Haken: So funktioniert das nicht. Damit später genug da ist, muss heute beispielsweise in die Schulbildung der jungen Menschen investiert werden. Nur so ist es überhaupt denkbar, dass sie später produktiv genug sind, um die vielen Rentner zu versorgen. Doch im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei den Bildungsausgaben hinterher. Die saftigen Zuwächse der Bundesausgaben in diesem und im kommenden Jahr beruhen abermals auf Ausweitung sozialer Leistungen, in die sowieso schon mehr als die Hälfte der Bundesmilliarden fließen. Es ist nicht schwer vorauszusehen, dass es bereits in absehbarer Zeit auch wieder eine konjunkturelle Krise geben wird. Dann fehlen Steuereinnahmen, und es steigt der Bedarf, Arbeitslosengeld und anderes auszuzahlen. Die Ausgaben werden schneller hochschnellen als die Einnahmen. Das hat nichts mit finanzpolitischem Schlendrian zu tun. Das Budget wird rein konjunkturbedingt kippen. Der Überschuss ist vor allem der niedrigen Zinslage und der guten Konjunktur geschuldet. Er ist nicht strukturell. Genutzt werden könnte er für gute Kitas, öffentlichen Nahverkehr, bessere Internetverbindungen und Klimaschutz. Eine der größten Sorgen vieler Menschen ist, wie ihre pflegebedürftige Eltern oder sie selbst im Alter behandelt werden. Pflegekräfte fehlen schon jetzt massenhaft. Daran etwas zu ändern, würde die Lebensqualität von enorm vielen Menschen verbessern. Aber nach der Logik der schwäbischen Hausfrau ist nicht genug Geld da für bessere Pflege. Zugegeben: 48,1 Milliarden Euro werden nicht reichen, um diese teueren Probleme zu lösen. Aber die Probleme nicht anzugehen, ist auch keine Lösung. Vollends vergessen wird oft außerdem, dass ohne Schulden kein Geldvermögen gebildet werden kann. Wenn der Staat weniger Kredit aufnimmt, fällt ein großer Teil der Nachfrage am Kapitalmarkt weg, und die Zinsen sinken. Statt nur die Europäische Zentralbank zu kritisieren, sollten Regierungen in Europa darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller wäre, das Zinsniveau mit neuen Schulden, wohlgemerkt für sinnvolle Investitionen, zu stabilisieren.
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