Bielefeld (ots) - Tagelang wurden sie festgehalten. Jetzt dürfen die 150 Flüchtlinge das Schiff der sizilianischen Küstenwache "Diciotti" endlich verlassen - und europäisches Festland betreten. Dass sie das nicht schon eher durften, ist unerklärlich. An dieser Stelle erübrigt sich jede Diskussion. Völlig zu Recht ermittelt die italienische Staatsanwaltschaft nun gegen Matteo Salvini, den Innenminister, der längst zum brüllenden Sprachrohr nationalistischer Kräfte geworden ist - und mit seinen wüsten Parolen erschreckend viel Zuspruch erntet. Für ihn waren die 150 Menschen an Bord des Schiffes nicht weniger als ein perverses Druckmittel, auf deren Rücken er der EU Zugeständnisse abringen wollte. Das ist ihm nicht gelungen. Gleichwohl hat Marktschreier Salvini mit seiner sturen Haltung einmal mehr die Schwachstellen der europäischen Flüchtlingspolitik offengelegt. Die befindet sich noch immer in großer Seenot und gewaltiger Schieflage. Hinter Salvinis plumpen Parolen steckt eine Botschaft, die seit Jahren bekannt ist, aber immer wieder überhört wurde: Die Italiener fühlen sich beim Thema Flüchtlinge von Europa nach wie vor alleingelassen; befürchten gleichzeitig durch Brüssel den Verlust ihrer Souveränität. Und damit sind sie bekanntlich nicht allein. Diese Sorgen werden sich Deutschland und die Fürsprecher der EU weiter in Ruhe anhören müssen, so schwer das manchmal auch fallen mag. Vielleicht trägt der leidige Fall "Diciotti" immerhin dazu bei, dass endlich gemeinsame Strukturen und Nenner erarbeitet werden - in Gesprächen auf Augenhöhe. Ultimaten und Schuldzuweisungen helfen letztlich niemandem; weder den einzelnen Staaten noch den Flüchtlingen, wie denen auf der "Diciotti". Wie geht es weiter? Die Politik erarbeitet zwar die Strukturen, kommt aber an Grenzen. Letztlich - und das kann man einfach nicht oft genug sagen - sind es noch immer die Bewohner eines Landes, einer Stadt und eines Dorfes, die die Integration von Flüchtlingen mit in der Hand haben. Und dabei kann jeder helfen, angefangen damit, indem man populistischen Stammtischparolen im Alltag entgegentritt, statt sie zu überhören. Oder indem man auf die Neuankömmlinge einfach mal zugeht und mit ihnen redet, anstatt aus Unwissenheit über sie zu urteilen. Natürlich ist das jedem selbst überlassen. Aber es wäre einen Versuch wert. Und dafür muss man nicht extra nach Spanien, Griechenland oder in die Häfen Siziliens fahren. Auch von OWL aus könnte man in kleinen Schritten eine Menge erreichen. Wenn man denn will.
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