Bielefeld (ots) - Mittwoch Senegal, Donnerstag Ghana, Freitag Nigeria: Angela Merkels Afrikareise war eng getaktet. Kurz zuvor hatte schon Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sieben afrikanische Länder in sieben Tagen bereist. Es scheint so, als sei die Bundesregierung endlich aufgewacht. Spät, hoffentlich nicht zu spät rückt der lange vernachlässigte, fast vergessene Kontinent Afrika wieder in den Blickpunkt. Die Gründe liegen auf der Hand. Es geht natürlich um wirtschaftliche Interessen. Deutschland und Europa haben schon viel zu lange zugeschaut, wie vor allem die Chinesen den schwarzen Kontinent für sich erobern. Und dabei wenig zimperlich sind - Kolonialismus 2.0 könnte man zynisch sagen. Aber für die Europäer geht es um noch viel mehr als ums Geschäft. Es geht vor allem um Fragen der Migration. Um illegale Flüchtlinge, den Kampf gegen Schlepper- und Schleuserbanden und gegen falsche Vorstellungen vom vermeintlichen Paradies Deutschland. Senegal, Ghana, Nigeria - alle drei Länder haben tausende ausreisepflichtige Staatsbürger in Deutschland, kooperieren bei Rückführungen aber nur sehr eingeschränkt. Das muss sich dringend ändern. Denn Prognosen der Vereinten Nationen zufolge wird das Bevölkerungswachstum in Afrika weiter sprunghaft ansteigen. Und für die allermeisten jungen Afrikaner ist Europa und allen voran Deutschland der Sehnsuchtsort schlechthin. Heißt im Klartext: Was in den vergangenen drei Jahren oft als »Flüchtlingswelle« beschrieben wurde, dürfte allenfalls ein kleiner Vorgeschmack darauf gewesen sein, was noch kommen könnte. Zu Recht nennt Angela Merkel ein neues Verhältnis zu Afrika eine »Schicksalsfrage für Europa«. Doch das Vorhaben kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Denn nicht überall finden sich verlässliche Vertragspartner. Stabile Regierungen sind Mangelware und an westlichen Demokratievorstellungen ohnehin nicht zu messen. Vielerorts ist Korruption nach wie vor Alltag und die Sicherheitslage nur schwer kalkulierbar. All das schreckt Investoren ab, denn das Risiko ist hoch. Und Enttäuschungen sind programmiert. Doch alles ist besser als nichts zu tun. Und nicht nur auf afrikanischer Seite läuft vieles schief. Auch Europa muss sich umstellen. Es braucht Partnerschaft auf Augenhöhe, die nicht die eigenen Märkte abschottet und das Gegenüber nur als Rohstofflieferanten oder als Absatzmarkt betrachtet. Nirgendwo ist diese Unwucht in den Beziehungen besser zu studieren als in der Agrarpolitik. Wenn Europa aber erfolgreich die Fluchtursachen bekämpfen will, wie es in Sonntagsreden so oft heißt, dann werden wir selbst einen größeren Beitrag leisten müssen. Eine angemessenere Verteilung des Wohlstandes wird uns etwas kosten. Mit Almosen für Afrika ist es nicht mehr getan!
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