Die Bundesregierung sieht im Ergebnis der schwedischen Parlamentswahl einen bedauerlichen Einschnitt für ganz Europa. "Dieses Wahlergebnis ist für Schweden und Europa leider eine Zäsur. Der Nationalpopulismus ist weiter auf dem Vormarsch, und er wird die Regierungsbildung erschweren", sagte Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt (AA), der "Welt".
Die Sozialdemokraten blieben zwar klar stärkste Partei, hätten aber ebenso wie das Mitte-Rechts-Bündnis aus Konservativen und Liberalen deutliche Einbußen erlitten. Als Sozialdemokrat hoffe er auf eine Fortsetzung einer Regierung, die sozialdemokratisch geführt wird, sagte der AA-Staatsminister: "Wir sind gute Freunde, viele Deutsche bewundern Schweden. Ich bin zuversichtlich, dass wir in Stockholm abermals eine Regierung bekommen, die dieses großartige Land weiter in der Mitte Europas verankern wird."
Das Thema Migration sei in Schweden "emotional und kontrovers diskutiert worden", sagte Roth: "Die Kluft zwischen Fakten und gefühlter Wirklichkeit wird immer größer." Dabei sei Schweden nach schweren Jahren "ein wirtschaftlich blühendes Land, es gibt wenig Arbeitslose, der Sozialstaat, das Volksheim-Modell, ist gesichert, die Kriminalität ist zurück gegangen, es gibt weniger Flüchtlinge. Dennoch ist das Unbehagen gewachsen. Das zeigt, dass der Kernkonflikt um die Migration nicht faktenorientiert ist, sondern viel mit kulturellen Verlustängsten zu tun hat. Manche fühlen sich in ihrer eigenen Identität bedroht."
Viele Schweden hätten mit Blick auf die von ihnen aufgenommenen Flüchtlinge "das Gefühl, allein gelassen zu werden. Die Solidarität der meisten anderen EU-Mitgliedstaaten war in der Tat gering." Deshalb seien "gemeinsame Lösungen und vernünftige Kompromisse, nicht nationale Alleingänge und Abschottung" erforderlich.
Die Schweden haben es Roth zufolge "mit ähnlichen Bewährungsproben zu tun wie wir in Deutschland und dem Rest Europas". Man könne sich weder von der Globalisierung wie von dramatischen Verhältnissen in anderen Teilen der Welt abkapseln, sagte er der "Welt": "Die schwedischen Rechtspopulisten haben sich als gemäßigt und modern inszeniert. Viele Wähler schrecken deshalb nicht zurück, für deren vermeintlich einfache Problemlösungen zu stimmen." Es gebe zwar in jedem Land besondere Gründe für den Vormarsch der Nationalpopulisten, sagte der SPD-Politiker: "Sie alle aber eint: Sie lehnen das vereinte Europa ab, sie setzen auf Fake-News, Abschottung und nationale Alleingänge. Leider gelingt es den Nationalpopulisten fast überall, die progressiven, liberalen und konservativen Parteien unter Druck zu setzen."
Deswegen müsste all diese Parteien zeigen, "dass offene, liberale, aufgeklärte Gesellschaften bisweilen zwar anstrengend sind, aber deutlich mehr Vorteile bieten als autoritäre Regime." Außerdem dürften die Sozialdemokraten "nicht zulassen, dass die Konservativen für Sicherheit stehen, während wir allein für Integration und liberale Werte zuständig zu sein scheinen".