Bielefeld (ots) - Man muss der AfD nicht unterstellen, dass sie die Bluttat von Chemnitz für ihre Zwecke missbraucht und die Trauer um Daniel H. bloß geheuchelt ist. Wie wollte man das auch zweifelsfrei beweisen? Dass jedoch all das, was dem gewaltsamen Tod des 35-Jährigen folgte, der Partei gelegen kam, dürfte unstrittig sein. Wieder steht »ihr« Thema, steht die Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt der Diskussionen. Wieder wird deutlich, dass immer noch zu viel schief läuft bei Abschiebungen. Und wenn sich dazu eine Frontlinie abzeichnet zwischen Kanzleramt auf der einen sowie Bundesinnenminister und Verfassungsschutzpräsident auf der anderen Seite, muss man feststellen: Regierung und Rechtsstaat machen eine schlechte Figur und befeuern so die Vorwürfe, die die AfD seit langem erhebt. Das darf aber keineswegs darüber hinwegtäuschen, dass die Partei konsequent auf Rechtskurs steuert und sich dessen offensichtlich auch nicht mehr schämt. In Chemnitz hat Björn Höcke, Landessprecher und Fraktionschef der Thüringer AfD, ohne jede Berührungsangst an der Seite von Pegida, Hooligans und Größen aus der Neonazi-Szene demonstriert. Und es kommt auch nicht von ungefähr, wenn Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland vor wenigen Tagen im Interview mit der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« sagt, das politische System müsse weg. Dass der 77-Jährige dies angeblich im Zuge einer »friedlichen Revolution« herbeiführen will, belegt: Dieser Mann gibt den Ton und den Kurs der AfD vor. Gauland wählt seine Worte stets mit Bedacht. Von der Ankündigung »Wir werden sie jagen« noch am Abend der Bundestagswahl über die Formulierung, eine Politikerin mit Migrationshintergrund »in Anatolien entsorgen« zu wollen bis zur Einschätzung, die Zeit des Nationalsozialismus sei »nur ein Vogelschiss in der deutschen Geschichte« gewesen. Allesamt kalkulierte Tabubrüche, um die Grenzen des Sag- und Machbaren Stück für Stück zu verschieben. Und aus der Empörung der politischen Gegner Kraft für die Opferrolle zu ziehen, die die AfD so gern spielt. Natürlich soll der Begriff der »friedlichen Revolution« die Erinnerung der Ostdeutschen an die Freiheitsbewegung wecken, die einst die Voraussetzung für die Wiedervereinigung schaffte. Gauland sieht die Republik und insbesondere den Osten wieder im Aufruhr, das will er nutzen. Nicht unmöglich, dass es gelingt. Schon in Bayern und Hessen, vor allem aber im nächsten Jahr mit den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen könnte die AfD noch eine erheblich größere Bedeutung erlangen. Dabei entscheidet jeder Wähler für sich, ob er die AfD mit seiner Stimme unterstützt. Das gilt übrigens für die Wahlkabine wie für jede Demonstration auf der Straße. Es soll aber niemand mehr behaupten, nicht zu wissen, wem er da hinterherläuft.
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