Die EU-Kommission will den Schutz der Außengrenzen deutlich verbessern und die Abschiebungen von illegalen Migranten aus der Europäischen Union drastisch beschleunigen. "Es muss mehr getan werden um - als Teil eines umfassenden Migrationsansatzes - eine effektive Kontrolle der EU-Außengrenzen sicherzustellen und die Abschiebungen von irregulären Migranten zu erhöhen", heißt es in einem neuen Gesetzesvorschlag zur Neuausrichtung der EU-Grenzschutzagentur ("Europäische Agentur für die Grenz-und Küstenwache - Frontex"), über den die "Welt" berichtet und der Mitte dieser Woche im EU-Parlament in Straßburg von der Europäischen Kommission präsentiert wird.
Das Thema wird auch eine zentrale Rolle spielen in der "State of the Union"-Rede von Kommissionschef Jean-Claude Juncker an diesem Mittwoch. Konkret fordert die Kommission, im Krisenfall künftig auch bewaffnete EU-Grenzschützer gegen den Willen eines Mitgliedstaats innerhalb von sieben Tagen dort einzusetzen, um die europäische Außengrenze zu sichern. Das werde dort nötig, "wo die Kontrolle der Außengrenzen (durch das EU-Mitgliedsland) sich in einem solchen Ausmaß als ineffektiv erwiesen hat, dass ein funktionierender Schengen-Raum in Gefahr gerät", heißt es in dem Dokument der Kommissionsbehörde. Zugleich schlägt die EU-Kommission vor, europäische Grenzbeamte auch verstärkt zum Grenzschutz in Drittstaaten, beispielsweise in Nordafrika oder auf dem Westbalkan, einzusetzen.
"Die Operationen der (Grenzschutz)Agentur kann an jeder Grenze eines Drittstaates stattfinden, wenn die an das Operationsgebiet angrenzenden Staaten zustimmen", heißt es in dem Gesetzesvorschlag. Neben mehr Kompetenzen beim Grenzschutz soll Frontex künftig auch die führende Rolle bei Abschiebungen von illegalen Migranten aus der EU spielen. "Die Rolle der Union zur Unterstützung von Mitgliedstaaten bei Abschiebungen muss gestärkt werden. Das ist ein Schlüsselelement, um den Mitgliedstaaten zu helfen, Migration zu bewältigen", schreibt die EU-Kommission.
Die Behörde verweist auch auf neue Zahlen, wonach im Jahr 2017 in der EU nahezu nur jede dritte Abschiebung (36,6 Prozent) durchgeführt wurde - im Jahr 2016 waren es noch 45,8 Prozent. Konkret fordert die EU-Kommission nun, dass Frontex weitreichend in nationale Hoheitsrechte eingreifen und jedem EU-Mitgliedsland "die Struktur eines nationalen Zurückführungsmanagements vorschreiben" soll. Außerdem soll Frontex ohne Zustimmung des jeweiligen EU-Landes dort Abschiebungen durchführen können. "Die (Grenzschutz)Agentur darf auf eigene Initiative Zurückführungen koordinieren oder organisieren", heißt es im dem Gesetzesvorschlag der Kommissionsbehörde.
Neu ist auch, dass Frontex dabei helfen soll, nach Einwilligung des jeweiligen Staates illegale Migranten aus Drittstaaten in ihre Herkunftsländer abzuschieben. "Die (Grenzschutz)Agentur kann auch Zurückführungsinterventionen in Drittstaaten durchführen", schreiben die Beamten der EU-Kommission. Damit Frontex die neuen Aufgaben bewältigen und "jederzeit überall eingesetzt werden kann", fordert die EU-Kommission, die Zahl der Mitarbeiter von derzeit 1500 ab dem Jahr 2020 auf 10.000 Mann drastisch zu erhöhen: "Die vorgeschlagene Größe einer Einsatztruppe von 10.000 Mann soll nicht nur die bisherigen personellen Lücken füllen, sondern ermöglichen, die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen und Drittstaaten stärker zu unterstützen und die Zahl der Abschiebungen deutlich zu vergrößern", heißt es in dem Dokument. Nach dem Willen der EU-Kommission soll Frontex künftig eine eigene Kommandostruktur, eigene Uniformen und eigene Ausrüstung für See-Land- und Luftoperationen erhalten.
Deutschland wird laut Plan aus Brüssel verpflichtet, bereits bis Sommer kommenden Jahres 1277 Grenzschützer für den europäischen Grenzschutz zu melden. Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten müssen den Plänen der Europäischen Kommission noch zustimmen.