Frankfurt (ots) - Im mit Spannung erwarteten Kapitalanleger-Musterverfahren der Sparkassenfondsgesellschaft Deka Investment gegen Volkswagen und die Porsche Automobil Holding hat der 3.Zivilsenat am Oberlandesgericht Braunschweig am ersten Tag der mündlichen Verhandlung das Verfahren sachlich eingeleitet. Insgesamt 193 sogenannte Feststellungsziele sollen abgearbeitet werden, um zu klären, ob Volkswagen im Zusammenhang mit dem Dieselabgasbetrug kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten verletzte. Es geht für die Musterklägerin, hinter der weitere 1650 vergleichbare Fälle stehen, um erlittene Kursverluste. Die Schadenersatzforderungen summieren sich auf mehr als 9 Mrd. Euro.
Für den VW-Konzern, den "Dieselgate" bereits mehr als 27 Mrd. Euro kostet, könnte die Rechnung noch um einiges höher ausfallen. Doch deuten vorläufige Einschätzungen des vorsitzenden Richters im Musterverfahren zu ersten Sach- und Streitfragen an, dass Ansprüche verjährt sein und Anleger allenfalls einen Teil ihrer Forderungen durchsetzen könnten. Möglicherweise werden infolge einer Gesetzesänderung nur Ansprüche für den Zeitraum nach dem 10. Juli 2012 berücksichtigt. Eine weitere Meinung signalisierte das Gericht mit dem Hinweis, dass Sittenwidrigkeit mit dem Unterlassen von Publizität in diesem Fall nicht vorliege. In der zentralen Frage, ob der Vorstand bis zur Veröffentlichung der US-Behörden im September 2015 nicht involviert war, lieferte der Senat keine Antwort.
Einen Lösungsweg in dem Streit hat das Gericht gestern unter Verweis auf die Komplexität der rechtlichen Problemstellung nicht aufgezeigt. Möglicherweise werden noch Zeugen gehört. Doch die vorläufige Beurteilung des Senats stimmt Kläger wie Beklagte zuversichtlich. Neben der relativ deutlichen Absage von Ansprüchen aus der Zeit vor dem 10. Juli 2012 freut man sich bei VW über die Klarstellung des Senats, ausschließlich eine kapitalmarktrechtliche Beurteilung vorzunehmen. Eine umfassende Aufarbeitung des Abgasskandals ist demnach nicht zu erwarten. Der Rechtsvertreter der Musterklägerin, der Ansprüche ab Juni 2008 für begründet hält und insgesamt 5,4 Mrd. Euro an institutionellen Klageforderungen vertritt, schätzt nun, Ansprüche vom 10. Juli 2012 an über 2 Mrd. Euro durchsetzen zu können. Hinweise, wer am Ende als Sieger aus dem Musterverfahren hervorgehen wird, hat der erste Verhandlungstag nicht geliefert. Zu erwarten ist, dass sich noch der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigen wird.
(Börsen-Zeitung, 11.09.2018)
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Einen Lösungsweg in dem Streit hat das Gericht gestern unter Verweis auf die Komplexität der rechtlichen Problemstellung nicht aufgezeigt. Möglicherweise werden noch Zeugen gehört. Doch die vorläufige Beurteilung des Senats stimmt Kläger wie Beklagte zuversichtlich. Neben der relativ deutlichen Absage von Ansprüchen aus der Zeit vor dem 10. Juli 2012 freut man sich bei VW über die Klarstellung des Senats, ausschließlich eine kapitalmarktrechtliche Beurteilung vorzunehmen. Eine umfassende Aufarbeitung des Abgasskandals ist demnach nicht zu erwarten. Der Rechtsvertreter der Musterklägerin, der Ansprüche ab Juni 2008 für begründet hält und insgesamt 5,4 Mrd. Euro an institutionellen Klageforderungen vertritt, schätzt nun, Ansprüche vom 10. Juli 2012 an über 2 Mrd. Euro durchsetzen zu können. Hinweise, wer am Ende als Sieger aus dem Musterverfahren hervorgehen wird, hat der erste Verhandlungstag nicht geliefert. Zu erwarten ist, dass sich noch der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigen wird.
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