Regensburg (ots) - Europa muss mehr für seine Verteidigung tun. Die USA ziehen ihren Schutzschild zurück. Deswegen werden wir wohl die Bundeswehr aufrüsten. Dabei denken wir aktuell zuvorderst an Auslandseinsätze. Denn dass uns ein anderes Land mit Flugzeugen und Panzern überfällt, liegt weit jenseits der Vorstellungskraft. Wahrscheinlich ist da ja auch auf absehbare Zeit nicht. Aber es existiert eine bedrohliche Gefahr von ganz anderer Seite, an die gewöhnlich kaum jemand denkt und bei der auch keine klassischen Feuerwaffen helfen: Wer Deutschland oder einen anderen Staat schwer treffen will, der schleicht sich digital an und hackt die Infrastruktur. Am empfindlichsten trifft der Angreifer ein Land, wenn er dessen Stromversorgung lahmlegt. Sie glauben, das geht nicht? Höchstens ein Kraftwerk oder zwei? Welch ein Irrtum. Die Bedrohung ist realer und größer denn je. Und die Folgen wären gravierender, als man sie sich bei nur flüchtiger Betrachtung vorstellt. Ein Blackout könnte dramatisch für die Menschen sein und in seinen Auswirkungen auf sie mit einem konventionellen Waffenkonflikt durchaus mithalten. Digitale Waffen treffen entwickelte Staaten wirkungsvoller als Bomben. Erst jetzt wieder haben die Cyberexperten der Bundesregierung unmissverständlich gewarnt: Sie halten es für möglich, dass Hacker durch Angriffe auf einzelne Energieversorger in Deutschland einen europaweiten Stromausfall verursachen können. Und sie stellen ebenfalls fest, dass die Angreifer, wer immer sie auch sind, bereits aktiv sind. Die Stromversorger wiegeln auch gar nicht erst ab, sondern geben offen zu, dass sie das Thema "sehr, sehr ernst" nehmen. Freilich mit dem Hinweis, dass sie sich entsprechend aufgestellt hätten, um die Attacken sicher abwehren zu können. Doch daran sind Zweifel erlaubt. Wie gut die Absicherung im Ernstfall hält, wissen wir nicht. Die Strom-Infrastruktur galt schon immer als Angriffsziel. Deshalb wurde sie geschützt, Leitstellen sind entsprechend gesichert. Aber die Netze haben sich massiv gewandelt, wandeln müssen. Die Energiewende mit ihren vielen kleineren dezentralen Erzeugern erfordert intelligente Stromnetze mit umfassendem Datenfluss, um sie steuern und aufrechterhalten zu können. Diese Smart Grids halten Experten längst für potenzielle Einfallstore für digitale Angreifer. Hier werden alte und neue Komponenten miteinander verknüpft, was sicherheitstechnisch nur sehr schwer zu meistern ist. Deshalb kommt auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu dem Schluss: Je digitaler eine Infrastruktur, desto höher wird das Risiko. Und was für ein Risiko: Szenarien eines flächendeckenden, tagelangen Stromausfalls gleichen einer im Wortsinne düsteren Schreckensvision. Die Kommunikationsnetze wären tot, kein Internet, kein Handyempfang. Binnen kürzester Zeit gäbe es kein Wasser mehr, weder zum Trinken noch als Brauchwasser etwa für die Toiletten. Bald wäre auch kein Treibstoff mehr verfügbar - ohne strombetriebene Pumpen fördern Zapfsäulen keinen Sprit. Das wiederum würde den Verkehr und damit unter anderem die Lebensmittelversorgung zum Erliegen bringen. Ebenso die Notstromaggregate von Krankenhäusern oder Kraftwerken. Die Kühlung von Atomkraftwerken könnte daraufhin versagen und die Reaktoren schmelzen lassen. Es käme zu Hamsterkäufen, Unruhen, Seuchen, Gewalt und vielfachem Sterben in der Bevölkerung. Das Zerstörungspotenzial eines solchen Ereignisses wäre gigantisch. Es lohnt sich also sehr, Intelligenz, Geld und Energie darin zu investieren, um solche Attacken ins Leere laufen zu lassen. Erfolgreiche Saboteure könnten nahezu jeden Preis verlangen, um ihr Zerstörungswerk zu beenden. Ohne Strom wird es nahezu überall auf der Welt in jeglicher Hinsicht finster. Da hilft auch die Bundeswehr keinen Schritt mehr weiter.
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