Hagen (ots) - Es ist nicht nur ein diffuses Gefühl, es ist eine Tatsache: Viele Operationen sind unnötig. Jeden Tag kommen Patienten unters Messer, obwohl andere Behandlungen sinnvoller wären. Das betrifft Eingriffe an Rücken, Knien oder Hüfte, aber auch Mandeloperationen. Bitter, aber wahr: In Deutschland entscheidet nicht nur der Gesundheitszustand über die Frage, ob jemand operiert wird oder nicht. Es geht um das Geld, das die Kliniken mit Operationen verdienen. Und es geht um hohe Operationsquoten, die ein wichtiges Argument für die Ärzte und die Krankenhäuser sind, wenn es darum geht, den Fortbestand ihrer Abteilungen zu sichern. Und schließlich geht es bei den hohen OP-Zahlen auch um regionale Unterschiede: In Hamm ist die Wahrscheinlichkeit mit Rückenproblemen ins Krankenhaus zu kommen, sechsmal höher als in Oldenburg oder Heidelberg. Eine neue Kassen-Analyse schlägt Alarm: Von zehn Rücken-Patienten, die bereits eine OP-Empfehlung hatten, konnten acht durch Krankengymnastik und andere nicht-operative Therapien behandelt werden. Sämtliche Patienten hatten vorher das kasseninterne Zweitmeinungsverfahren genutzt. Das Recht auf eine ärztliche Zweitmeinung - das ist in den Augen vieler Experten das wirksamste Mittel gegen unnötige Operationen. Doch es hakt: Viele Patienten scheuen davor zurück, eine Zweitmeinung einzuholen, weil sie glauben, damit ihrem Arzt das Vertrauen zu entziehen. Viele wissen nicht mal, dass etliche Kassen ein solches Verfahren unterstützen und bezahlen. Andere wiederum misstrauen den Zweitgutachtern der Kassen, die ja ihrerseits auf ihre Kosten achten müssen. Der gesetzliche Anspruch auf eine wirklich unabhängige Zweitmeinung muss deswegen endlich umgesetzt werden. Nicht nur für einzelne OP-Diagnosen - sondern mindestens für die zehn häufigsten.
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