Regensburg (ots) - Der sieggewohnten und machtbewussten CSU geht es derzeit etwa so wie dem deutschen Rekordfußballmeister FC Bayern München. Die Nerven liegen blank. Eine Woche vor der Landtagswahl sacken die sich gewissermaßen als bayerische Staatspartei fühlenden Christsozialen in den Umfragen in ungekannte Tiefen ab. Und die Bayern-Kicker rutschen nach zwei Pleiten in der Tabelle immer weiter abwärts. Dabei sind doch beide eigentlich auf Platz eins programmiert. Die einen wollen ihre absolute Macht erhalten, was derzeit ziemlich illusorisch ist. Und der Truppe des glücklosen Übungsleiters Nico Kovac droht, dass die Meisterschale in weite Ferne rückt. Die Zeiten des Durchmarschs - von CSU wie FC Bayern - scheinen vorbei. Allerdings haken sich die CSU-Alphatiere Markus Söder und Horst Seehofer nun nicht etwa unter und stemmen sich gemeinsam gegen die drohende Wahlschlappe, sondern sie spielen Schwarzer Peter. Söder macht zähneknirschend die Berliner Querelen für die dramatischen Verluste verantwortlich. CSU-Chef Seehofer, der mit Abstand größte Unruheherd in der Bundes-GroKo, versichert dagegen scheinheilig, dass er sich weder in die bayerische Politik, noch den weiß-blauen Wahlkampf einmische. Die voreilige Suche nach Schuldigen, das rhetorische Fingerhakeln der Großkopfeten ist jedoch nicht nur töricht, weil damit die Wahl für die CSU im Grunde bereits verlorengegeben wird, sondern es gibt auch ein jämmerliches Bild ab. Von einer christlich sozialen Union - also Einheit - ist eine Woche vor der Wahl verdammt wenig zu spüren. Allen Treueschwüren und Geschlossenheitsappellen zum Trotz. Ähnliches gilt für die Schwesterpartei CDU. Die Langzeit-Parteivorsitzende und Kanzlerin sitzt nicht mehr fest im Sattel. Ihr getreuer Fraktionsstrippenzieher Volker Kauder wurde abgewählt. Und mögliche, wirkliche Nachfolgekandidaten für Merkel laufen sich bereits warm. Ob die klug-biedere "Annegreat" Kramp-Karrenbauer, der grundsolide Armin Laschet oder der Jung-Konservative Jens Spahn. Ein Absturz der CSU im Freistaat nächsten Sonntag würde auch Merkel und insgesamt die Regierungsfähigkeit der Union extrem schwächen. Dass sich Angela Merkels Zeit in der Politik ihrem Ende zuneigt, ist allen klar. Ihr selbst sicher auch. Die Frage ist allerdings, wie dieses Ende aussehen wird. Geht Merkel im Chaos, hinterlässt sie eine zertrümmerte, zerstrittene Union oder gelingt es ihr, den unvermeidlichen Übergang halbwegs geordnet zu gestalten? Die Zeit dafür hat sie noch, trotz aller Unkenrufe und vorzeitiger Abgesänge in Medien und Netzwerken. Und Merkel kann kämpfen und aufrütteln, wie sie jetzt vor der Jungen Union in Kiel gezeigt hat. Auf dem Hamburger Parteitag im Dezember sollte sie die Weichen für die Zeit nach ihr stellen. Sie müsste dort ihre Wiederwahl für noch einmal zwei Jahre an der CDU-Spitze mit einer personellen Zukunftsperspektive verbinden. Sie sollte es anders machen als ihr Ziehvater Helmut Kohl. Der wollte die Zeichen der Veränderung lange nicht sehen. Doch vor lauter öffentlich ausgetragenem Streit - vor allem über die Flüchtlingspolitik - wissen die Menschen gar nicht mehr, wofür die Union inhaltlich eigentlich steht. Das ist das größte Manko von CDU und CSU derzeit. Es mag reichlich banal klingen, doch an der Rückkehr zu wirklicher Sach- und Kärrnerarbeit in der Regierung führt kein Weg vorbei. Nur so lässt sich Vertrauen zurückgewinnen. Nur so kann den Populisten von ganz rechts und ganz links der Boden entzogen werden. Es gibt in unserem - zum Glück - prosperierenden Deutschland so verdammt viel zu tun, dass das auch in Zukunft so bleibt. Es ist Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken. Es ist keine Zeit für sinnloses politisches Fingerhakeln.
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