Regensburg (ots) - Allen Umfragen zum Trotz: Es ist längst nicht entschieden, wie die Landtagswahl ausgeht und welche politische Richtung das Land in den nächsten fünf Jahren einschlagen wird. 50 Prozent der Bürger waren zuletzt unentschlossen, wo sie ihr Kreuzerl machen werden. Das macht den Wahlausgang spannend und unkalkulierbar. Wird die CSU wirklich mit einem Rekordminus abgestraft? Rutscht die SPD in Richtung zehn Prozent? Bleibt der Höhenflug der Grünen ungebrochen? Und wo rangieren in diesem Spiel Freie Wähler, FDP, AfD und Linke? Sicher ist nur, dass ein Wahlwunder passieren müsste, damit die Alleinregierung der CSU nicht Geschichte ist. Die Regierungspartei wird sich einen oder zwei Koalitionspartner suchen müssen. Rechnerisch ist wohl sogar ein Viererbündnis ohne CSU möglich, auch wenn Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger das ausgeschlossen hat. Doch wer weiß, welche Eigendynamik nach der Wahl in Gang kommt. All diese Gedankenspiele zeigen: Das Parteiengefüge im Freistaat ist in den Grundfesten erschüttert. CSU und SPD übertünchen es nach Kräften, aber in beiden Parteien herrscht angesichts verheerender Umfragewerte blanke Ratlosigkeit. Dämpfer könnte man sich erklären - nicht aber, wie sehr die eigene politische Marke trotz unbestreitbarer Verdienste um das Land derart Sympathien verliert und verlorener Boden nicht wettzumachen ist. Die vielschichtigen Ursachen werden nach dem Wahltag zu ergründen sein. Die zentrale Frage für CSU und SPD darf dabei nicht sein: Wo sind die Wähler hin? Sondern: Warum sind viele aus tiefer Überzeugung weg? Die ehemaligen Anhänger haben sich erst in einem längeren Prozess entfremdet, bevor sie sich eine neue politische Heimat suchten. Die CSU konzentriert sich dieser Tage bizarrerweise nicht darauf, Zaudernde zurückzuholen, sondern hat mit Parteichef und Bundesinnenminister Horst Seehofer bereits den Sündenbock für eine Niederlage ausgemacht. Angesichts diverser Störfeuer aus Berlin eine naheliegende Wahl - die Lösung ist trotzdem zu schlicht. Das Problem der CSU reicht tiefer. Auch die Söder-Frage wird in diesem Kontext gestellt werden müssen, auch wenn er in der CSU großen Rückhalt genießt. Doch wie könnte der Spitzenkandidat nichts mit Wahlergebnissen zu tun haben? Die Schwäche der CSU wird bundesweit mit Schadenfreude verfolgt. Das ist angesichts regelmäßiger Kraftmeiereien aus Bayern selbstverschuldet. Wer, wie Söder, Berlin als Resterampe der Republik tituliert, muss ein kräftiges Echo vertragen. Das CSU-Bashing nimmt teils aber völlig übersteigerte Züge an. Da wird Söder schon Mal angekreidet, was er gar nicht getan hat - etwa Ertrinkende als Asyltouristen zu bezeichnen. Da wird gespottet, ob es passt oder nicht. Söders Raumfahrtprogramm "Bavaria One" ist dafür ein Beispiel. Die Spötter wissen sehr wohl, dass es dabei nicht um bemannte Mondflüge, sondern um Satellitenforschung geht - und damit um ein lukratives Geschäftsfeld der nächsten Jahrzehnte. Die Heftigkeit der Angriffe ist vom Drang nach einem Politikwechsel getrieben. Wann, wenn nicht jetzt, könnte die CSU in die Knie gezwungen werden? Bemerkenswert ist dabei, dass das konservative Lager im Vergleich zur Landtagswahl 2013 ja fast unvermindert groß ist, der Kuchen sich nur neu verteilt hat. Das Lager links von der Mitte ist nur marginal gewachsen - mit den Grünen als große Gewinnern. Wer sich fragt, warum der Ökopartei die Wähler zu- und nicht davonlaufen, wird drei Gründe finden: Glaubwürdigkeit, ein klares Politikkonzept und - anders als bei der CSU - Harmonie in der Doppelspitze. Die Grünen fahren mit großer Sicherheit das beste Ergebnis ihre Geschichte ein. Offen ist aber, was dieser Triumph am Ende wert sein wird: Reicht es nur für einen Premium-Platz in der Opposition oder für eine Regierungsbeteiligung? In Bayern gibt es bei einem beachtlichen Teil der Wähler eine Sehnsucht nach Schwarz-Grün, nach einer neuen Politik mit dem Besten aus beiden Welten. Es wäre die Konstellation mit den geringsten politischen Schnittmengen. Doch nichts ist dieser Tage unmöglich.
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