Regensburg (ots) - Während sich die Union auf dem Sonnendeck erhole, schufte die SPD im Maschinenraum, befand der einstige SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bereits in der ersten Groß-Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel. In der aktuellen, wesentlich kleiner gewordenen Koalition von CDU/CSU und Sozialdemokraten müsste man richtigerweise sagen: Während sich die Unionsparteien auf dem Sonnendeck zoffen, rackern die Genossen unter Deck weiter vor sich hin. Doch in den Umfragen können sie weder vom Streit in der Union noch durch Sacharbeit profitieren. Die Sozialdemokraten scheinen im Maschinenraum gefangen. Und der Genosse Trend kennt derzeit nur eine Richtung: abwärts. Ob im Bund oder nur im Freistaat, wo der SPD am Sonntag ein politisches Waterloo droht. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, könnten die bayerischen Genossen - ohnehin alles andere als erfolgsverwöhnt - sogar auf Platz fünf abstürzen. Das wäre ein historischer Tiefpunkt für die traditionsreiche Partei, die einst mit Wilhelm Hoegner bereits vor der CSU den Ministerpräsidenten des Freistaates stellte. Verdammt lange ist das her. Und Wunder sind in der Demokratie ziemlich selten. Andrea Nahles ist derzeit nicht nur häufig im bayerischen Wahlkampf unterwegs, sondern sie denkt auch über neue politische Weichenstellungen nach. Die eine beinhaltet die ziemlich radikale Abkehr von der Agenda-2010-Politik von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, mit der große Teile der SPD ohnehin nie ihren Frieden gemacht haben. Die radikalen Reformen auf dem Arbeitsmarkt und im Sozialsystem unter der einstigen rot-grünen Bundesregierung sind für viele Parteimitglieder und einstige SPD-Wähler heute noch ein Stachel im Fleisch. Auch wenn in den vergangenen Jahren bereits viele Details der einstigen Agenda-2010-Regelungen abgemildert oder ganz geschliffen worden sind. Schröder wurde von Konservativen, von der Wirtschaft, von Liberalen gefeiert. In der eigenen Partei jedoch wurde er dafür nahezu verteufelt. Statt Agenda 2010 kündigt Nahles nun ein neues, modernes Konzept für einen "Sozialstaat 2025" an. Schon wieder eine solche Jahreszahl, an der man alles oder nichts festmachen kann. Die SPD werde mit den Sachen aufräumen, die die Partei noch immer blockierten. Es werde eine sozialdemokratische Antwort auf die Herausforderungen des digitalen Kapitalismus geben. Gut gebrüllt, Löwin. Doch was genau Nahles mit ihrer vollmundigen Ankündigung genau meint, bleibt vage. Was sie etwa an den - teilweise zu Recht - kritisierten Hartz-IV-Regelungen abschaffen, verändern will, sagt sie nicht. Insofern kommen Nahles' flotte Ankündigungen daher wie Pfeifen im dunklen Wald. Das gilt übrigens auch für ihre Drohung, die jetzige Koalition mit der Union notfalls platzen zu lassen. Auf der einen Seite hat Nahles recht. Der unionsinterne Zoff, vor allem der zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer, hat monatelang die Arbeit der Bundesregierung überschattet. Der Streit um ein vergleichsweise kleines Detail der Flüchtlings- und Abschiebepolitik lähmte die Regierungspolitik und führte die Koalition bis an den Abgrund des Scheiterns. In der ebenfalls relativ kleinformatigen Auseinandersetzung um den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen hat Nahles jedoch selbst kräftig Öl ins Feuer gegossen. Mit ihrer ultimativen Forderung, Maaßen muss weg!, hatte sie die Koalitionskrise extrem verschärft. Dass die SPD-Chefin nun, nachdem der Pulverdampf etwas verraucht ist, Merkel fehlende Führungsschwäche und Haltung vorwirft, ist reichlich wohlfeil. Eine wichtige Tugend in der Politik ist Besonnenheit, das Abschätzen der Folgen des eigenen Handelns, der eigenen Worte. Die SPD hat zweifellos eine Reihe von Politikern, die emsig im Maschinenraum schuften. Die Partei braucht auch eine Vorsitzende, die den großen Tanker verlässlich steuert.
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