Von Florian Faust
NEW YORK (Dow Jones)--Beruhigungspillen der chinesischen Notenbank haben an der Wall Street am Freitag zunächst für eine zaghafte Erholung von den Vortagesverlusten gesorgt. Allerdings ließ die Wirkung im Handelsverlauf merklich nach. Denn die übergeordneten Sorgen, vor allem um das globale Wachstum, hatten Bestand. Das Wirtschaftswachstum in China war im dritten Quartal zwar nur leicht hinter den Erwartungen zurückgeblieben, gleichwohl verzeichnete es den niedrigsten Anstieg seit der globalen Finanzkrise 2009.
Wie schon am chinesischen Aktienmarkt, der zunächst mit deutlichen Abgaben auf die enttäuschenden BIP-Daten reagiert hatte, stützten beruhigende Worte der chinesischen Zentralbank auch in den USA die Börse. Chinas Notenbank prüft Maßnahmen, um die Nachfrage privater Unternehmen nach Finanzierungen zu decken. Die Signale wurden als wachstumssteigernde Impulse gedeutet, aber auch als Eingeständnis, dass die Wirtschaft Hilfe benötige. Der Dow-Jones-Index gewann 0,3 Prozent auf 25.444 Punkte, der S&P-500 büßte einen Zähler ein und der Nasdaq-Composite 0,5 Prozent. Umgesetzt wurden an der Nyse 935 (Donnerstag: 825) Millionen Aktien. Den 1.454 (707) Kursgewinnern standen 1.521 (2.285) -verlierer gegenüber, unverändert schlossen 96 (86) Titel.
Keine Entwarnung für Aktien
Händler betonten jedoch, dass sich das negative Börsenumfeld trotz der leichten Dow-Aufschläge nicht wirklich gebessert habe. "Jeder geht von einem erlahmenden Gewinnwachstum und steigenden Zinsen im nächsten Jahr aus. Historisch betrachtet ist das keine gute Mischung für Aktien. Ich denke, es besteht die Möglichkeit, dass der Bullenmarkt seine Hochs bereits gesehen hat", sagte Marktstratege Alec Young von FTSE Russell.
Als weiteres Ungemach wurde Europa identifiziert mit dem sich abzeichnenden Konflikt zwischen Italien und der EU. Die EU-Kommission warf Italien eine "beispiellose" Abweichung von den europäischen Haushaltsregeln vor. Italien plant eine deutlich höhere Neuverschuldung als mit Brüssel vereinbart. Es droht eine neue Euro-Krise mit möglichen Abstufungen der italienischen Kreditwürdigkeit. Nachdem die Renditen italienischer Staatsanleihen zunächst kräftig zugelegt hatten, kamen zuletzt wieder zurück, was auch dem US-Aktienmarkt half. Händler verwiesen auf Aussagen von EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici, der sich eine Eurozone ohne Italien nicht vorstellen konnte.
Paypal und American Express überzeugen
Unter den Einzelaktien schossen Paypal um 9,4 Prozent nach oben. Der Zahlungsdienstleister überraschte im dritten Quartal positiv mit Umsatz und Ergebnis. Zudem zeigte sich Paypal für das Geschäftsjahr optimistischer und hob das untere Ende der avisierten Prognosespanne an. Die Titel der früheren Muttergesellschaft Ebay stürzten dagegen nach einem negativen Analystenkommentar durch Stifel Nicolaus um 8,9 Prozent ab.
American Express gewannen 3,8 Prozent. Der Finanzkonzern hatte nicht nur über ein starkes drittes Quartal berichtet, sondern auch den Ausblick angehoben. Die Aktien des Versicherers AIG verloren 2,9 Prozent. Wie andere Branchenvertreter zuvor meldete auch das US-Unternehmen eine ungewöhnlich hohe Schadensbelastung. Vor Steuern wird daher im dritten Quartal voraussichtlich ein Verlust anfallen.
Dowdupont fielen um 1,9 Prozent. Der Chemiekonzern kündigte Abschreibungen von 4,6 Milliarden Dollar auf den Firmenwert seiner schwächelnden Agrarsparte an. Der US-Mischkonzern Honeywell hatte im dritten Quartal dank der guten Entwicklung im Bereich Luft- und Raumfahrt- sowie bei den Sicherheits- und Produktivitätslösungen mehr verdient als erwartet. Beim Umsatz hatte der Konzern die Erwartungen erfüllt. Das Unternehmen senkte jedoch seinen Ausblick für 2018, um die nun vollzogene Abspaltung der Tochter Garrett Motion zu berücksichtigen. Die Aktie verlor 1,1 Prozent.
Procter & Gamble übertraf im ersten Geschäftsquartal die Erwartungen. Wachstum erzielte der US-Konsumgüterkonzern vor allem im Schönheitsgeschäft. Die Jahresprognose wurde bestätigt. Die Aktie kletterte um 8,8 Prozent.
Um 2,5 Prozent nach oben ging es mit der Celanese-Aktie. Das Chemieunternehmen hatte nach einem überraschend gut verlaufenen dritten Quartal die Jahresziele erhöht. Schwache Immobiliendaten belasteten die Branchentitel der Hausbauer, Pulte, D.R. Horton und Lennar gaben alle knapp 4 Prozent ab.
Ölpreise mit leichter Erholung
Die Ölpreise legen nach den jüngst kräftigen Abgaben zu. Die steigenden Spannungen zwischen den USA und Saudi-Arabien wegen der möglichen Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi durch Vertreter des Königreichs trieb die Ölpreise. US-Präsident Donald Trump hatte mit ernsten Konsequenzen gedroht. Zudem waren die Ölimporte in China im September auf Rekordniveau gestiegen. Bislang hätten die Saudis den Wegfall iranischen Erdöls mehr als kompensiert. Allerdings bewegten sich die Reservekapazitäten auf einem bedenklich niedrigen Niveau. Daher könnten kurzfristig Versorgungsengpässe auftreten, warnte ein Analyst. Dies gelte umso mehr, sollten die Saudis ihre Förderung wegen der Spannungen mit USA senken, hieß es. Der Preis für ein Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI stieg um 0,7 Prozent auf 69,12 Dollar, für europäisches Referenzöl der Sorte Brent ging es um 0,6 Prozent auf 79,78 Dollar nach oben.
Der Euro erholte sich mit den Moscovici-Aussagen auf 1,1506 Dollar nach einem Tagestief bei 1,1433. Der ICE-Dollarindex zeigte sich mit der Euro-Erholung 0,2 Prozent im Minus. Belastet wurde der Greenback zudem von Äußerungen des Fed-Präsidenten von Atlanta, Raphael Bostic. Dieser sah im Fall des vermissten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi ein Risiko für die US-Konjunktur.
Der Goldpreis profitierte weiter von der Suche der Anleger nach Sicherheit - gerade vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Saudi-Arabien und den USA. Die Feinunze verteuerte sich um 0,1 Prozent auf 1.227 Dollar.
US-Rentenpapiere waren mit den Entspannungssignalen aus China und Europa nicht mehr so gefragt, die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen stieg um 1,4 Basispunkte auf 3,19 Prozent. Vor allem die zurückkommenden Renditen Italiens belasteten den US-Rentenmarkt.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 25.444,34 0,26 64,89 2,93 S&P-500 2.767,78 -0,04 -1,00 3,52 Nasdaq-Comp. 7.449,03 -0,48 -36,11 7,90 Nasdaq-100 7.107,23 -0,12 -8,86 11,11 US-Anleihen Laufzeit Akt. Rendite Bp zu Vortag Rendite Vortag +/-Bp YTD 2 Jahre 2,89 1,7 2,87 168,9 5 Jahre 3,04 1,1 3,03 111,2 7 Jahre 3,13 1,1 3,12 88,3 10 Jahre 3,19 1,3 3,18 74,8 30 Jahre 3,38 1,2 3,37 31,1 DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 9:49 Do, 17:20 % YTD EUR/USD 1,1509 +0,46% 1,1439 1,1498 -4,2% EUR/JPY 129,45 +0,72% 128,59 129,08 -4,3% EUR/CHF 1,1473 +0,58% 1,1410 1,1440 -2,0% EUR/GBP 0,8809 +0,12% 0,8791 0,8793 -0,9% USD/JPY 112,48 +0,27% 112,42 112,26 -0,1% GBP/USD 1,3065 +0,33% 1,3012 1,3075 -3,3% Bitcoin BTC/USD 6.458,79 -0,4% 6.456,70 6.539,85 -52,7% ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 69,27 68,65 +0,9% 0,62 +18,7% Brent/ICE 80,00 79,29 +0,9% 0,71 +26,1% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.226,60 1.225,91 +0,1% +0,70 -5,9% Silber (Spot) 14,63 14,58 +0,4% +0,06 -13,6% Platin (Spot) 831,15 828,00 +0,4% +3,15 -10,6% Kupfer-Future 2,78 2,75 +1,3% +0,04 -17,0% ===
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October 19, 2018 16:18 ET (20:18 GMT)
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