Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) untersagt laut eines Zeitungsberichts den Soldaten und Beamten der Bundeswehr eigenständige Kontakte mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestags. Entsprechendes gehe aus einem vertraulichen Schreiben des Parlamentsreferates im Verteidigungsministerium an die Mitarbeiter des Ressorts hervor, berichtet die "Welt am Sonntag".
Die E-Mail wurde am späten Mittwochnachmittag versandt. Die Angehörigen des Ministeriums werden darin aufgefordert, "Gesprächsbitten aus dem parlamentarischen Raum" zunächst an das Parlamentsreferat zu übermitteln. Nachdrücklich wird darauf hingewiesen, dass sich diese Pflicht aus der Geschäftsordnung des Ministeriums ergebe: "Für die Teilnahme eines Angehörigen des Ministeriums an einem Gespräch dienstlichen Inhalts mit Abgeordneten" sei "grundsätzlich die Zustimmung des zuständigen Staatssekretärs herbeizuführen". Das gelte nicht nur für das Ministerium selbst, sondern auch für die "nachgeordneten Dienststellen/Ämter".
Die Geschäftsordnung des Wehrressorts sieht vor, dass Kontakte ins Parlament vorab angemeldet und erlaubt werden müssen. Mit der Mail wird versucht, dieses Redeverbot auf die Mitarbeiter nachgeordneter Behörden und Ämter auszuweiten, für die die Geschäftsordnung nicht unmittelbar gilt. Kein Soldat oder Beamter dürfte demnach mehr ohne Erlaubnis mit einem Abgeordneten sprechen. Während ein Sprecher des Wehrressorts auf Anfrage mitteilte, man nehme zu internem Schriftverkehr keine Stellung, sind die Abgeordneten alarmiert.
Sie werten das Schreiben als Reaktion von der Leyens auf die sogenannte Berateraffäre. Der Bundesrechnungshof hatte dem Ministerium vorgeworfen, Verträge an Unternehmensberater unrechtmäßig vergeben zu haben. "Das sind wohl Brandschutzmauern, die da hochgezogen werden sollen", sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), der "Welt am Sonntag". "Das können wir uns nicht gefallen lassen. Wir werden auf unser Recht und unsere Verpflichtung pochen, mit unseren Soldaten zu reden. Es handelt sich nämlich um Staatsbürger in Uniform." "Ursula von der Leyen scheint die Nerven zu verlieren", sagte der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner, der in Verteidigungs- und Haushaltsausschuss sitzt.
"Die Ministerin, die sich immer für Transparenz gelobt hat, verpasst nun den Soldaten und Mitarbeitern einen Maulkorb. Nach ernsthaftem Aufklärungswillen in der Berateraffäre sieht das nicht aus", so Lindner.
Auch der FDP-Abgeordnete Karsten Klein, Mitglied im Haushaltsauschuss, wertet das "Kappen der Kommunikationskanäle" als Zeichen, "dass die Spitze des Hauses alarmiert ist". In der gesamten Berater-Affäre gebe es "nur noch offizielle Antworten auf dem Postweg. Das Ministerium verfährt nach dem Motto: Schotten dicht." Grüne und FDP hatten zuvor betont, sich die Einberufung eines Untersuchungsausschusses in der Berateraffäre offen zu halten.