Bielefeld (ots) - Angesichts des Diesel-Skandals werden die Rufe nach dem "Ende des Individualverkehrs" lauter. Das Auto sei ohnehin ein Fortbewegungsmittel von gestern, tönt es aus den sozialen Netzwerken. Der Autor Mario Sixtus twitterte beispielsweise: "Wer sich verpflichtet, niemals mehr ein eigenes Auto zu kaufen, bekommt eine kostenlose Bahncard 100. Na? Grüne? Wahlprogramm?" Wer als Dorfkind in Ostwestfalen oder dem Münsterland aufgewachsen ist, dürfte bei Vorschlägen wie diesen laut zu lachen anfangen. Denn die Diskussion trieft nur so vor Berlin-Mitte-Überheblichkeit. Was genau soll man in einer Bauerschaft bei Greffen oder Sassenberg-Füchtorf mit einer Bahncard 100? Hier ist man froh, wenn überhaupt mal ein Bus fährt. Wer am Samstagabend vom Land zum Feiern nach Bielefeld fahren will, kann das mit dem ÖPNV praktisch vergessen. Der erste Bus zurück fährt am nächsten Morgen erst um zehn. Noch schlimmer sieht es in noch kleineren Dörfern aus: Will man am Wochenende von Bergkirchen mal schnell nach Bad Oeynhausen, findet man dort im Zweifel keine einzige Busverbindung. Wer in der Pampa aufwächst, wird zwangsläufig mit dem Auto sozialisiert - und verpestet spätestens ab dem 18. Lebensjahr die Umwelt. Doch ein regelmäßiger öffentlicher Nahverkehr durch sämtliche Bauerschaften Ostwestfalens wäre ein Mammut-Projekt - und am Ende vermutlich völlig unwirtschaftlich. Das gezielte Umschwenken auf alternative Antriebsformen klingt da schon deutlich realistischer.
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