Die Zuwanderung über das Mittelmeer liegt immer noch deutlich über dem Niveau vor der Migrationskrise. Während 2018 bis Ende Oktober rund 100.000 Migranten über das Mittelmeer nach Europa kamen, waren es laut einer Auswertung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) für die "Welt am Sonntag" im gesamten Jahr 2013 nur rund 89.000 Ankünfte (88.968).
Danach war die illegale Zuwanderung über die verschiedenen Meeresrouten stark angestiegen: Im Jahr 2014 verdreifachten sich nach den IOM-Angaben die Ankünfte auf 251.519. Das sollte 2015 um das Vierfache übertroffen werden: 1.017 Millionen Migranten kamen in dem Jahr über das Mittelmeer. 2016 (366.849) und 2017 (177.913) gingen die Ankünfte wieder deutlich zurück. Anders als vor der Migrationskrise ist Spanien inzwischen das wichtigste Ankunftsland. Während 2013 nur 3.041 Migranten über spanische Küsten nach Europa kamen, waren es im laufenden Jahr schon 47.433 und damit fast genauso viele wie an allen übrigen (Italien, Griechenland, Malta, Zypern) zusammen.
Auch in Deutschland ist das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht: 2018 wurden bis Ende September 142.000 Asylanträge gestellt. Im gesamten Jahr 2013 waren es laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 127.000 - eine Größenordnung, die damals Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) alarmierte: Bei der Vorstellung der Asylbilanz 2013 warnte er: "Höhere Zahlen waren zuletzt im Jahr 1999 zu verzeichnen." Im "Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedsstaaten" weise "Deutschland im Jahr 2013 mit deutlichem Abstand die höchsten Asylbewerberzahlen auf", erklärte er damals. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
In der Zeit von 2013 bis heute nahm Deutschland sogar fast so viele Asylbewerber auf, wie insgesamt an der Mittelmeerküste ankamen. Laut IOM-Daten kamen in dem Zeitraum rund zwei Millionen Migranten (2,002 Millionen) in Griechenland, Italien, Spanien, Zypern und Malta an. In Deutschland wurden seither bis Ende September laut BAMF rund 1,9 Millionen Asylanträge (1,917 Millionen) gestellt. Nach wie vor kann die große Mehrheit der abgelehnten Asylbewerber, etwa wegen ungeklärter Identität, nicht abgeschoben werden.
Wie das Bundesinnenministerium (BMI) auf eine Anfrage der Linken mitteilte, legten 58 Prozent der volljährigen Asylsuchenden im ersten Halbjahr 2018 keine Identitätspapiere vor. Dem BAMF sei bekannt, dass sich ein Teil der Bewerber "seiner Identitätspapiere bewusst" entledige "um vermeintlich hierdurch die Chancen im Asylverfahren zu erhöhen". Während Syrer nur zu 21 Prozent und Türken zu 24 Prozent keine Papiere mitbrachten, kamen laut BMI 88 Prozent der Afghanen, 89 Prozent der Eritreer und 95 Prozent der Algerier ohne Ausweis an. Unter Nigerianern, Somaliern, Guineern und Gambiern waren sogar 97 bis 99 Prozent ohne Identitätsdokument.