Bielefeld (ots) - Was mag am nächsten Freitag überwiegen, wenn 1001 CDU-Delegierte darüber entscheiden, wer der oder die neue Parteivorsitzende wird: Taktik oder Gefühl? Nach acht Regionalkonferenzen, unzähligen Aussagen und Eindrücken sollte die Wahl einigermaßen schwer fallen. In der Tat spricht viel dafür, dass sich viele Delegierte erst in Hamburg festlegen, wem sie ihre Stimme geben - und das vom letzten Eindruck abhängig machen. Nicht ohne Grund feilschen die Kandidaten um jede Minute Redezeit. Während die Großrhetoriker Friedrich Merz und Jens Spahn Interesse an einer möglichst langen Rede um die 25 Minuten haben, reichen der auf diesem Feld weniger begabten Annegret Kramp-Karrenbauer 15 Minuten. Im Vorfeld des Bundesparteitags hat sich die Stimmung zweimal gedreht. Nach Angela Merkels angekündigtem Rückzug wegen des schlechten CDU-Ergebnisses bei der Hessenwahl war es Friedrich Merz, der sich zuerst ins Spiel bringen ließ und an der Basis schnell zum »Parteichef der Herzen« avancierte. Die überrumpelte »AKK« behielt die Nerven und brachte sich in der ersten Woche der Regionalkonferenzen stetig in die Position der Favoritin. Doch diese Stellung hat sie nach den weniger überzeugenden Auftritten in Böblingen und Düsseldorf zumindest eingebüßt. Merz hat wieder eine Chance. Die Delegierten sind kein getreues Abbild der CDU-Basis. Ein großer Teil sind Mandatsträger aus Bundestag, Landtagen und Vereinigungen. Sie gehören zum Parteiapparat, viele von ihnen versprechen sich von Kramp-Karrenbauer eine Fortsetzung des Merkel-Kurses - also den Machterhalt um fast jeden Preis und in fast jeder Konstellation. Weiter so? Diese Taktik könnte sich schon in näherer Zukunft als falsch erweisen. Denn die Grünen sind so scharf darauf, nach einem Ende der Großen Koalition in Regierungsverantwortung zu kommen, dass sie auch mit einer von Friedrich Merz geführten CDU ein Bündnis schließen würden. Und mit ihm wäre die Union ganz gewiss in der Lage, härter zu verhandeln und mehr eigene Unionspolitik gegen die Grünen oder die FDP durchzusetzen. Doch noch regiert die Kanzlerin. Und wer von den Delegierten will, dass Angela Merkel gute Chancen hat, bis zum Ende der Wahlperiode im Herbst 2021 Kanzlerin zu bleiben, der muss sein Kreuz wohl bei Kramp-Karrenbauer machen. Da kann Merz noch so oft betonen, dass er im Fall seines Erfolgs vertrauensvoll mit Merkel zusammenarbeiten würde. Das glaubt ihm kaum einer. In sein Navigationsgerät hat er als Ziel nicht Konrad-Adenauer-Haus eingegeben, sondern Kanzleramt. Am Ende geht es in Hamburg also auch um die Frage: Wie lange soll Angela Merkel noch Bundeskanzlerin sein?
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