Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hat eine fraktionsübergreifende Initiative zur Transplantationsgesetzgebung auf den Weg gebracht, laut der alle volljährigen Deutschen bei der Beantragung oder Verlängerung eines Ausweises nach ihrer Organspendenbereitschaft befragt werden sollen. Über ein Eckpunktepapier zu der Novelle, die außer von Grünen-Politikern auch von Abgeordneten aus Union, SPD, FDP und Linke unterstützt wird, berichtet die "Welt".
Man habe "einen mehrheitsfähigen Konsens über Fraktionsgrenzen hinweg" formuliert, sagte Baerbock der "Welt". "Unser Vorschlag eröffnet einen Weg, mit dem mehr Menschenleben gerettet werden können und gleichzeitig jeder und jede Einzelne bewusst über den eigenen Körper entscheiden kann. Das Selbstbestimmungsrecht und die Menschenwürde blieben gewahrt." Nach Baerbocks Konzept erhält jeder Erwachsene bei der Beantragung eines Personalausweises oder Reisepasses vom Passamt "ausführliche und unabhängige Informationen" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ausgehändigt.
Bei der späteren Abholung des Ausweises soll die Person dann angeben, ob sie im Todesfall alle beziehungsweise einzelne Organe spenden möchte oder dies explizit nicht wünscht. Die Befragten können auch angeben, dass sie sich aktuell nicht festlegen möchten. Zudem können sie jemanden benennen, der im unerwarteten Todesfall darüber entscheiden soll. Sofern die Person Organspender sein möchte oder Angehörige darüber entscheiden sollen, werden die Daten an ein zentrales Organspenderegister übermittelt.
Laut dem Bericht der Zeitung erhält jeder Befragte zudem einen Zugangscode samt individueller PIN, mit der im Register jederzeit Angaben ergänzt oder geändert werden können. Die Zugangsdaten werden bei der nächsten Ausweisbeantragung oder -verlängerung zehn Jahre später durch neue Daten ersetzt. Das Eckpunktepapier wurde vom Büro Baerbock am Freitag ans Bundesministerium für Gesundheit übermittelt. Dort soll bis Ende Januar ein Gesetzentwurf erarbeitet und den Parlamentariern vorgelegt werden, der auch die dadurch entstehenden Kosten kalkulieren würde.
Hingegen strebt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Regelung nach dem Grundsatz der Widerspruchsmöglichkeit an. Danach käme jeder Verstorbene als Organspender in Frage, falls er nicht schriftlich oder nach Angabe seiner Angehörigen zu Lebzeiten einer Organentnahme widersprochen hat. Der in der fraktionsübergreifenden Gruppe der Gesundheitspolitiker ausgearbeitete Vorschlag Baerbocks wird unter anderem von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt, der Linken-Parteichefin Katja Kipping sowie den Abgeordneten Matthias Miersch (SPD), Stephan Pilsinger (CSU) und Stephan Thomae (FDP) unterstützt.