Bielefeld (ots) - Horst Seehofer hat im vergangenen Jahr keine Gelegenheit ausgelassen, die Regierung, seine CSU und sich selbst schlecht aussehen zu lassen. Dafür wird er demnächst den Parteivorsitz los. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass der 69-Jährige noch vor der Zeit das Amt des Bundesinnenministers verliert. Käme es so, hätte Seehofer allen Grund, die Schuld zuerst bei sich zu suchen. Dennoch muss man hoffen, dass er einen Punkt noch machen kann. Und Amberg liefert die Vorlage dafür. Seehofers erneute Ankündigung, die Abschieberegeln für kriminelle Asylbewerber zu verschärfen, ist weit mehr als die übliche verbale Kraftmeierei aus Bayern. Denn hier hat der Innenminister uneingeschränkt recht: Wer das deutsche Gastrecht vorsätzlich missbraucht, muss unser Land verlassen. Alles andere ist unverantwortlich gegenüber der viel größeren Zahl an rechtschaffenen Asylbewerbern. Und es ist unverantwortlich gegenüber der Mehrheitsgesellschaft. Integration kann nur gelingen, wenn alle dazu ihren Beitrag leisten. Gesetzestreue ist das Mindeste, was erwartet werden darf. Die Tat von Amberg wirkt verstörend, und sie macht ratlos. Jede Relativierung führt in die Irre, wenn wahllos und ohne erkennbaren Grund auf Passanten eingeprügelt wird. Und keineswegs als Entschuldigung taugt, dass die vier Verdächtigen aus Syrien, Afghanistan und dem Iran bei der Tat alkoholisiert gewesen sein sollen. Dass fast zeitgleich ein Deutscher in Bottrop und andernorts offenbar aus Fremdenhass mit dem Auto gezielt Jagd auf Ausländer macht, beweist nur, dass Verblendung und Gewaltbereitschaft kein Markenzeichen von Nationalität oder politischer Gesinnung ist. Für den Bundesinnenminister und seine Kollegen in den Ländern macht es die Sache aber umso schwerer: Denn der Staat ist ebenso gefordert, der rechten Szene entschiedener als bisher entgegen zu treten. Hier jedoch ist Seehofer zuletzt auffällig still gewesen. Dabei hat erst gestern Regierungssprecherin Martina Fietz bewiesen, wie man sich unmissverständlich äußern kann, ohne dass die Geschehnisse miteinander vermischt oder gar gegeneinander aufgerechnet werden. Doch für einen Preis im politischen Stil kommt Seehofer wohl nicht mehr in Frage. Das spricht gewiss gegen sein Taktgefühl, macht aber seine Einschätzung im Fall Amberg nicht weniger richtig. Zu häufig scheitern berechtigte Abschiebungen bisher daran, dass die Herkunftsländer ihre Bürger nicht wieder aufnehmen wollen. Ohnehin hat Deutschland vor allem ein Vollzugsdefizit. Will sagen: Die rechtlichen Regelungen wären in den meisten Fällen ausreichend, wenn sie ausgeschöpft werden könnten. Das weiß Seehofer natürlich. Umso gespannter darf man sein, wie der Innenminister seine vollmundigen Versprechungen wahr machen will. Zu hoffen ist aber trotzdem, dass es ihm gelingt.
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