Berlin (ots) - Kurzfassung: Reichlich Arbeit für den Eigner des Bahn-Konzerns, den Bund. Der hält sich bisher mit Reformvorschlägen zurück, sie könnten unpopulär ausfallen. Teuer wird es ohnehin. Dass die Politik in dieser Situation noch zusätzlich Anforderungen stellt, etwa durch den Deutschlandtakt, bei dem mehr Züge fahren und es bessere Umsteigezeiten gibt, ist geradezu fahrlässig. Aber natürlich schöne PR für die Politiker.
Der vollständige Leitartikel: Am Dienstag wird es also ernst. Richard Lutz, Chef der Deutschen Bahn, wird mit zwei Vorstandskollegen früh am Morgen zu Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer kommen und dem CSU-Politiker erklären, wie die Bahn zügig pünktlicher, schneller und effizienter wird. Vielleicht schlägt Lutz vor, die Zuständigkeiten im Vorstand neu zu sortieren, vielleicht gesteht Scheuer ein paar Milliarden mehr zu, um das marode Netz besser in Schuss zu halten. Für den Bahnkunden wird das alles wenig bringen. Denn die Probleme des Staatskonzerns Bahn sind grundsätzlicher Art. Und solche lassen sich nicht mit ein paar Milliarden hier und da oder umbesetzten Posten lösen. Die Politik ist gefragt, die sich aber seit Jahren nicht darauf einigen kann, was sie mit der Bahn eigentlich vorhat. Ist das Verkehrsunternehmen ein internationaler Konzern? Oder soll er sich vorrangig um Deutschland kümmern? Muss die Bahn günstige Preise für alle anbieten als nationaler Garant für Mobilität oder bewegt sich der Konzern im Wettbewerb? Soll er privatisiert werden? Leider haben die Verkehrsminister der vergangenen 20 Jahre einen eher schlechten Job gemacht. Dass etwas dramatisch schieflief, hätte man spätestens bei der Absage des Börsengangs 2008 absehen können. Die Struktur der Bahn war schon damals zu kompliziert. Lehren daraus hat aber offenbar niemand gezogen, die Bahn durfte weiterwurschteln, die jeweiligen Konzernchefs hielten sich mehr oder weniger wacker. Wer will, kann die Probleme der Bahn heute schon auf die Privatisierung 1994 zurückführen, als die Grundlagen für die heutige Struktur gelegt wurden. Sie führen dazu, dass der Vorstand des Konzerns praktisch keine direkte Verbindung und Durchgriffsmöglichkeiten auf das operative Geschäft hat. Die Tochtergesellschaften können Ansagen von oben konterkarieren, aussitzen, ignorieren. Der Eigentümer muss hier die gesetzlich vorgegebenen Strukturen entschlacken. Dann ist da das Schienennetz, das der Konzern über ein Tochterunternehmen managt. Dazu gehören auch die Bahnhöfe und die Stromversorgung. Auch wenn Bahnkunden das Gefühl haben, es werde permanent überall im Netz gebaut, sind die Gleise in keinem guten Zustand. Hier sind Milliarden nötig, um zu flicken - unabhängig davon müssten weitere Milliarden investiert werden, um das Netz auf den neuesten technischen Stand zu bringen, etwa für das moderne Steuersystem ETCS, das die klassischen Signale ersetzt und mehr und schnellere Zugfahrten ermöglicht. Für das Netz kommt der Staat auf. Insofern wäre es gut, wenn er sich auch direkt drum kümmerte. Dafür müsste der Bund die Netzgesellschaft aus der Bahn herauslösen. Die könnte sich dann darauf konzentrieren, Züge fahren zu lassen, im Nah-, Fern- und Güterverkehr. Ein weiterer Schritt wäre, Güterverkehr auf der Schiene und der Straße gleichzustellen, also entweder den Schienengüterverkehr finanziell zu entlasten oder den Güterverkehr auf der Straße zu verteuern. Und grundsätzlich muss auch die Frage beantwortet werden, ob die Bahn eine eigene Spedition betreiben muss, die Güter in großem Umfang per Lkw transportiert. Reichlich Arbeit also für den Eigner des Konzerns, den Bund. Der hält sich bisher mit Reformvorschlägen zurück, sie könnten unpopulär ausfallen. Teuer wird es ohnehin. Dass die Politik in dieser Situation noch zusätzlich Anforderungen stellt, etwa durch den Deutschlandtakt, bei dem mehr Züge fahren und es bessere Umsteigezeiten gibt, ist geradezu fahrlässig. Aber natürlich schöne PR für die Politiker.
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