Regensburg (ots) - Zugegeben, es fällt jetzt schon schwer, den Überblick zu behalten, wer sich bei den US-Demokraten um die Nominierung für die Präsidentschaftskandiatur der Partei bewirbt. Beinahe täglich gibt eine weitere Person ihre Ambitionen zu erkennen, die Demokraten in die Schlacht gegen Trump zu führen. Die linke Senatorin Elizabeth Warren verkündete Anfang des Jahres die Gründung eines "Erkundungs-Komitees" und brach gleich darauf in den ersten Bundesstaat mit Vorwahlen, Iowa, auf. Ihre Kollegin Kamala Harris aus Kalifornien tourt mit einem Buch über sich selbst durch die Lande. Während andere, wie der Shooting Star Beto O'Rourke aus Texas, Schlagzeilen damit machen, mit Blick auf die Wahlen 2020 Rat bei Barack Obama einzuholen. Der demokratische Sozialist und Hillary-Herausforderer, Bernie Sanders, füttert die Medien mit Geschichten, wie er Personal für ein Wahlkampfteam anheuert. Ein paar ganz mutige Außenseiter haben ihre Kandidatur bereits erklärt. Als Erster hob der ehemalige Kongressabgeordnete und Unternehmer John Delaney aus Maryland im Dezember seinen Finger. Diese Woche folgte Obamas Ex-Wohnungsbauminister Julian Castro, der bisher einzige Latino. Und dann gibt es noch einen, der wie ein guter, aber zugleich auch bedrohlicher Geist über dem gesamten Bewerberfeld schwebt. Joe Biden, der acht Jahre lang als Vize an der Seite Präsident Obamas stand und zugunsten Clintons 2016 auf eine Kandidatur verzichtete. Ein 76 Jahre alter weißer Populist, den seine Parteifreunde liebevoll "Onkel Joe" nennen. Mit beispiellosem Tempo wächst das Feld der Präsidentschafts-Aspiranten. Während es närrisch wäre, zu einem so frühen Zeitpunkt irgendeine Aussage darüber zu treffen, wer der oder die KandidatIn mit den besten Aussichten ist, sagt das Gedränge viel über die neue Energie bei den Demokraten aus. Gestärkt durch die "blaue Welle" bei den Kongresswahlen im November verbreitet die Bewerberflut eine Aufbruchstimmung in der Partei, die den Fehler von 2016 nicht noch einmal wiederholen möchte. Damals hatten sich die Demokraten in einem Jahr der populistischen Revolte mit Clinton so frühzeitig an die ultimative Kandidatin des Status quo gekettet, dass die einzige Alternative dazu der Sozialist Sanders war, der nicht einmal der Partei angehörte. Das ist diesmal grundlegend anders. Die Breite des Bewerberfelds gibt den Wählern die Chance, sich auf einem inspirierenden Marktplatz der Ideen und Charaktere umzuschauen. Da die Partei die Rolle der Super-Delegierten im Nominierungsprozess dramatisch reduziert hat, verspricht der rigorose Wettbewerb zwischen starken Kandidaten, eine(n) wirklich attraktive(n) Herausforderer(in) hervorzubringen. Der einzige Fehler, den die Demokraten zum jetzigen Zeitpunkt begehen können, besteht darin, falsche Alternativen im innerparteilichen Auswahlprozess zu formulieren. Einige Puristen versuchen das, indem sie zum Beispiel die Forderung nach einer staatlichen Krankenversicherung zum Lackmustest erheben. Nüchtern betrachtet liegen Linke wie Warren und Sanders inhaltlich nicht weit auseinander von Zentristen wie Harris und O'Rourke. Was die Lager eher unterscheidet, ist der Weg zu einer progressiveren Politik in den USA, die nach sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Verantwortung und internationaler Teilhabe strebt. Ein solcher Lackmustest machte ohnehin wenig Sinn, da die Präsidentschaftswahlen 2020 in erster Linie ein Referendum über Trump sein werden. Wer ernsthaft glaubt, es ginge allein um Inhalte, riskiert weitere vier Jahre Desaster im Weißen Haus. Gesucht wird bei den Demokraten eine Person, die dem weißen Nationalisten glaubhaft die Stirn bieten kann, und gleichzeitig eine fortschrittliche Vision für Amerika hat. Die gute Nachricht lautet: Die Demokraten können aus den Vollen schöpfen. Der Vorwahlkampf verspricht so aufregend und nicht vorhersehbar zu werden wie der 2008, als zu diesem Zeitpunkt noch niemand Barack Obama auf dem Radar hatte.
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