Bielefeld (ots) - Nein, wiedergutmachen lässt sich der Missbrauchsskandal, der die katholische Kirche erschüttert, nicht. Dafür wiegt jeder einzelne Fall zu schwer. Die tausendfachen Verbrechen an Menschen müssen den moralischen Ansprüchen eines jeden Christen, erst recht aber eines jeden kirchlichen Würdenträgers Hohn sprechen. Mehr noch: Die katholische Kirche ist unter Generalverdacht geraten, weil das »System Kirche« die Taten begünstigt und ihre jahrzehntelange Vertuschung erst möglich gemacht hat.
Diesem erschütternden Befund Zuversicht entgegenzusetzen, erscheint unmöglich. Dennoch könnte 2019 ein Jahr der Hoffnung für die katholische Kirche werden. Gerade im Erzbistum Paderborn. Wer Erzbischof Hans-Josef Becker im Gespräch über den Missbrauchsskandal erlebt, wer sieht, wie er um Worte und um Fassung ringt, hat das Gefühl, dass da ein Diener Gottes tatsächlich an seiner Kirche zweifelt, ja verzweifelt. Beckers Gebot der Stunde lautet offenbar, Wut, Trauer und Scham zu verwandeln in das aufrichtige Bemühen, es besser zu machen. Und das bedeutet: radikal anders!
Offen und offensiv wie nie zuvor hat das Erzbistum zum Jahresbeginn den Dialog mit den Gläubigen gesucht. Der persönliche Brief des Erzbischofs könnte der Beginn eines neuen Kapitels im Verhältnis zwischen der Amtskirche und den Gläubigen sein. Ein Kapitel, das nicht weniger als die Frage stellt, für wen die Kirche da ist und für sie da sein soll.
So merkwürdig es klingen mag: Der Adressierungsfehler, der dazu geführt hat, dass alle mit einem Katholiken verheirateten Katholikinnen persönlich gar nicht im Brief angesprochen worden sind, könnte sich noch als große Chance herausstellen. Die Panne, die sicher peinlich war, aber nach menschlichem Ermessen ohne Absicht geschah, hat wie unter dem Brennglas gezeigt, wie sensibel das Kirchenvolk auf das reagiert, was von oben kommt - sei es nun aus dem Vatikan oder vom Paderborner Erzbischof. Und das zu Recht.
Für die katholische Kirche geht es ums Ganze. Beim Thema Missbrauch heißt das: Täter müssen endlich konsequent als Täter behandelt werden, Opfer müssen Ansprechpartner finden, damit ihr Leid, wo immer und wie immer möglich, gelindert werden kann. Vor allem aber: Die Kirche kann nicht länger Richter ihrer selbst sein. Aufarbeitung aller Fälle muss Sache neutraler Ermittler und weltlicher Gerichte werden.
Doch damit nicht genug: Alles muss auf den Tisch. Das gilt auch für das Thema Finanzen und für den innerkirchlichen Umgang mit den Frauen. Nur wenn die katholische Kirche sich selbst in Frage stellt, kann sie neues Vertrauen gewinnen.
Das Christentum wird sein Heil nicht in der Verweltlichung finden. Die katholische Kirche muss mehr sein als ein Sozialverein. Die evangelische Kirche, die in dieser Hinsicht nicht weniger gefährdet erscheint, übrigens auch. Es geht nicht darum, theologische Tiefe zu opfern. Es geht im Gegenteil darum, ihr wieder mehr Raum zu geben, aber eben nicht zu Lasten der Lebenstüchtigkeit. Und ohne das Engagement vieler Frauen wäre so manche Kirchengemeinde längst nicht mehr lebenstüchtig. Das allein beweist den Handlungsbedarf. Der Weg zum Diakonat der Frau mag weltkirchlich gesehen weit sein, aber wenn der Hälfte der Gläubigen allein wegen ihres Geschlechts Leitungsfunktionen verwehrt bleiben, richtet sich die Amtskirche selbst.
Seit 2003 ist Hans-Josef Becker Erzbischof in Paderborn. Geht es nach den üblichen Usancen, dürfte er sicher bis 2023 im Amt bleiben. Fünf Jahre also liegen mindestens noch vor dem Oberhirten von mehr als 1,5 Millionen Katholiken. Fünf Jahre, die entscheidend für sein Wirken werden dürften. Die katholische Kirche kann sich nur aus sich heraus erneuern, und dabei sollte Paderborn nicht auf den Vatikan oder die Deutsche Bischofskonferenz warten. Das Erzbistum sollte seiner Bedeutung gerecht werden und eine Vorreiterrolle einnehmen. Es ist eine große Aufgabe, die vor Erzbischof Hans-Josef Becker und seinem Leitungsteam liegt. Es geht darum, nicht nur den Ton zu wenden, sondern die Tat zu wagen. Hoffentlich reichen Mut und Gottvertrauen dafür aus!
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Kerstin Heyde Telefon: 0521 585-261 k.heyde@westfalen-blatt.de
Diesem erschütternden Befund Zuversicht entgegenzusetzen, erscheint unmöglich. Dennoch könnte 2019 ein Jahr der Hoffnung für die katholische Kirche werden. Gerade im Erzbistum Paderborn. Wer Erzbischof Hans-Josef Becker im Gespräch über den Missbrauchsskandal erlebt, wer sieht, wie er um Worte und um Fassung ringt, hat das Gefühl, dass da ein Diener Gottes tatsächlich an seiner Kirche zweifelt, ja verzweifelt. Beckers Gebot der Stunde lautet offenbar, Wut, Trauer und Scham zu verwandeln in das aufrichtige Bemühen, es besser zu machen. Und das bedeutet: radikal anders!
Offen und offensiv wie nie zuvor hat das Erzbistum zum Jahresbeginn den Dialog mit den Gläubigen gesucht. Der persönliche Brief des Erzbischofs könnte der Beginn eines neuen Kapitels im Verhältnis zwischen der Amtskirche und den Gläubigen sein. Ein Kapitel, das nicht weniger als die Frage stellt, für wen die Kirche da ist und für sie da sein soll.
So merkwürdig es klingen mag: Der Adressierungsfehler, der dazu geführt hat, dass alle mit einem Katholiken verheirateten Katholikinnen persönlich gar nicht im Brief angesprochen worden sind, könnte sich noch als große Chance herausstellen. Die Panne, die sicher peinlich war, aber nach menschlichem Ermessen ohne Absicht geschah, hat wie unter dem Brennglas gezeigt, wie sensibel das Kirchenvolk auf das reagiert, was von oben kommt - sei es nun aus dem Vatikan oder vom Paderborner Erzbischof. Und das zu Recht.
Für die katholische Kirche geht es ums Ganze. Beim Thema Missbrauch heißt das: Täter müssen endlich konsequent als Täter behandelt werden, Opfer müssen Ansprechpartner finden, damit ihr Leid, wo immer und wie immer möglich, gelindert werden kann. Vor allem aber: Die Kirche kann nicht länger Richter ihrer selbst sein. Aufarbeitung aller Fälle muss Sache neutraler Ermittler und weltlicher Gerichte werden.
Doch damit nicht genug: Alles muss auf den Tisch. Das gilt auch für das Thema Finanzen und für den innerkirchlichen Umgang mit den Frauen. Nur wenn die katholische Kirche sich selbst in Frage stellt, kann sie neues Vertrauen gewinnen.
Das Christentum wird sein Heil nicht in der Verweltlichung finden. Die katholische Kirche muss mehr sein als ein Sozialverein. Die evangelische Kirche, die in dieser Hinsicht nicht weniger gefährdet erscheint, übrigens auch. Es geht nicht darum, theologische Tiefe zu opfern. Es geht im Gegenteil darum, ihr wieder mehr Raum zu geben, aber eben nicht zu Lasten der Lebenstüchtigkeit. Und ohne das Engagement vieler Frauen wäre so manche Kirchengemeinde längst nicht mehr lebenstüchtig. Das allein beweist den Handlungsbedarf. Der Weg zum Diakonat der Frau mag weltkirchlich gesehen weit sein, aber wenn der Hälfte der Gläubigen allein wegen ihres Geschlechts Leitungsfunktionen verwehrt bleiben, richtet sich die Amtskirche selbst.
Seit 2003 ist Hans-Josef Becker Erzbischof in Paderborn. Geht es nach den üblichen Usancen, dürfte er sicher bis 2023 im Amt bleiben. Fünf Jahre also liegen mindestens noch vor dem Oberhirten von mehr als 1,5 Millionen Katholiken. Fünf Jahre, die entscheidend für sein Wirken werden dürften. Die katholische Kirche kann sich nur aus sich heraus erneuern, und dabei sollte Paderborn nicht auf den Vatikan oder die Deutsche Bischofskonferenz warten. Das Erzbistum sollte seiner Bedeutung gerecht werden und eine Vorreiterrolle einnehmen. Es ist eine große Aufgabe, die vor Erzbischof Hans-Josef Becker und seinem Leitungsteam liegt. Es geht darum, nicht nur den Ton zu wenden, sondern die Tat zu wagen. Hoffentlich reichen Mut und Gottvertrauen dafür aus!
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