Trotz einer umstrittenen Haushaltspolitik und schwächerer Konjunktur hat die Ratingagentur Fitch die Bonitätsnote von Italien nicht gesenkt. Die Kreditwürdigkeit werde weiter mit "BBB" bewertet, teilte Fitch am Freitag in London mit. Die aktuelle Note liegt zwei Stufen über dem sogenannten Ramschniveau. Die Agentur droht Italien jedoch weiterhin mit einer Herabstufung. Der Ausblick für die Kreditwürdigkeit bleibt "negativ".
Die Bonitätswächter begründen die Note und den negativen Ausblick mit einer Reihe von Schwächen der italienischen Wirtschaft. Sie verweisen auf den hohen Schuldenstand, das Ausbleiben von strukturellen Anpassungen im Haushalt und die politische Risiken. Zudem bleibe das Wirtschaftswachstum sehr schwach und es gebe weiterhin Risiken im Bankensektor. Positiv seien die diversifizierte Wirtschaft und niedrige Schulden in der Privatwirtschaft.
Tatsächlich dürfte die Entscheidung von Fitch aber nur eine kurzfristige Verschnaufpause für Italien sein. Die Finanzmärkte schauen sehr kritisch auf Italien. Die Ausgabenpolitik der Regierung hat das Vertrauen belastet. Die Einigung mit der EU-Kommission im Haushaltsstreit im Dezember hat nur für eine kurzzeitige Erleichterung gesorgt. Die Regierung hat der EU ein Haushaltsdefizit von 2,04 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt versprochen, anstatt der ursprünglich vorgesehenen 2,4 Prozent.
Die jüngst deutliche Wachstumsabschwächung dürfte das Erreichen dieses Ziels aber unmöglich machen. So war Italien im vierten Quartal in eine Rezession gerutscht. Die Prognose für das Wirtschaftswachstum senkte Fitch von bisher 1,2 Prozent auf 0,3 Prozent. Die italienische Regierung war in ihrem Haushaltsentwurf von 1,0 Prozent ausgegangen. Fitch erwartet in diesem Jahr ein Defizit von 2,7 Prozent. Italien hat mit einem Gesamtschuldenstand von 130 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt den höchsten Wert in der Eurozone nach Griechenland.
Neben den wirtschaftlichen Problemen dominieren politische Turbulenzen das Geschehen. Die beiden Regierungsparteien Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung streiten sich in vielen wichtigen Fragen. Während die Zustimmung für Lega-Chef Matteo Salvini immer mehr steigt, gerät die Fünf-Sterne-Bewegung in Umfragen unter Druck. Viele Ökonomen erwarten ein Auseinanderbrechen der Regierung nach den Europawahlen im Frühjahr. Auch Fitch hält ein Auseinanderbrechen der Koalition in der zweiten Jahreshälfte für zunehmend wahrscheinlich.
Die Noten der Ratingagenturen sind für Investoren von Staatsanleihen sehr wichtig. Große private Anleger wie Versicherungen, Pensionsfonds oder Anleihefonds sind entweder gesetzlich oder nach selbst gesetzten Kriterien verpflichtet, Papiere zu kaufen, die als investitionswürdig ("Investment Grade") eingestuft werden. Hinzu kommt, dass die Europäische Zentralbank keine Ramschanleihen akzeptiert, damit die Staatsanleihen bei Refinanzierungsgeschäften hinterlegt werden können. Damit es soweit kommt müssten neben den drei großen Ratingagenturen auch die kanadische DBRS Italien auf Ramsch setzen.
Bei S&P ist der aktuelle Stand der gleiche wie bei Fitch. Moody?s sieht Italien dagegen bereits jetzt nur eine Stufe über Ramsch (Baa3) bei stabilem Ausblick. DBRS bewertet Italien am Besten mit BBB (high). Das ist drei Stufen über der Schwelle./jsl/he
AXC0263 2019-02-22/23:03