Mainz (ots) - Er ist der wortgewaltigste Papst seit vielleicht einhundert Jahren, dieser Franziskus. Für viele ein Hoffnungsträger, was Liberalität und Weltzugewandtheit angeht. Für andere dagegen, etwa den deutschen Kardinal Gerhard Ludwig Müller, ist Franziskus ein Linker, abhängig von Zuträgern, die von eigensüchtigen Motiven getrieben seien. Nun vergleicht der Papst den Kindesmissbrauch in der Kirche mit Menschenopfern in heidnischen Religionen. Welch ein Donnern - das in der Öffentlichkeit jedoch Ablehnung, Enttäuschung, bisweilen Anfeindungen gegen den Papst herausfordert. Kritik ist legitim, aber wildes Schwadronieren etwa darüber, Franziskus sei am Ende, liegt neben der Sache. Sehr ernst ist die Lage allemal. Bundesjustizministerin Katarina Barley, nicht eben der Antichrist, erklärt, die Katholische Kirche habe Vergewaltigungen von Kindern vertuscht. Das ist leider die Wahrheit, die nicht dadurch weniger furchtbar wird, dass solche Vergewaltigungen auch in der Evangelischen Kirche, in Schulen und Elternhäuser geschahen und immer noch geschehen. Den Kirchen schlägt in weiten Teilen des Bürgertums massives Misstrauen entgegen. Das ist gefährlich, weil die christlichen Kirchen objektiv nach wie vor wichtige Stützpfeiler der Gesellschaft sind. Es muss sich nun zeigen, was die gewaltigen Worte des Papstes wert sind. Es muss sich zeigen, ob die Kirche gewillt ist, ihr Verständnis von Sexualethik zu überdenken, ihre Auffassung vom Zölibat, von Weiheämtern für Frauen und von der Unauflöslichkeit der Ehe. Vermutlich wird das dauern. Aber beim Allerdrängendsten, beim Missbrauchsskandal, führt jedes weitere Zögern schlimmer ins Verderben.
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