(neu: Heil-Aussagen im ZDF)
BERLIN (dpa-AFX) - Der Kompromissvorschlag des CDU-Arbeitnehmerflügels zur Grundrente stößt bei der SPD auf Ablehnung. "Sein Vorschlag überzeugt nicht", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur am Samstag mit Blick auf ein Konzept des Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann. Auch Sozialminister Hubertus Heil verwarf den Vorstoß der CDU. Der SPD-Politiker kündigte am Sonntagabend im ZDF für Mai einen Gesetzentwurf an.
Heil räumte ein, dass die Grundrente ein "finanzieller Kraftakt" werde. Aber die Menschen hätten sich diese verdient, wenn sie hart gearbeitet, aber aufgrund von zu niedrigen Löhnen zu niedrige Renten hätten. Heil mahnte in der ZDF-Sendung "Berlin direkt", das Projekt dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden. Nach zwei gescheiterten Anläufen zu dem Thema in der Vergangenheit müsse die Koalition gemeinsam liefern. "Wir dürfen die Menschen nicht enttäuschen", sagte der Minister. Union und SPD sollten noch in diesem Jahr vereinbaren, die Grundrente spätestens zum 1. Januar 2021 einzuführen.
Heil warnte ein Vierteljahr vor der Europawahl vor einem Erstarken populistischer Kräfte, falls ausreichende Sozialreformen ausbleiben. "Welche fatalen Folgen es haben kann, wenn man den Strukturwandel unterschätzt und es darüber hinaus an sozialer Absicherung fehlt, kann man in den USA sehen, wo populistische Politiker entscheidenden Einfluss gewonnen haben", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Bei der Europawahl am 26. Mai wird verstärkter Zulauf für populistische Parteien erwartet.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus mahnte die SPD, nicht Steuergeld für soziale Wohltaten ohne Rücksicht auf die Kassenlage auszugeben. "Der Versuch, sich die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler durch die übermäßige Verteilung von Geld zu erkaufen, ist nicht besonders empfehlenswert", sagte der CDU-Politiker der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Es sei dem Steuerzahler nicht zuzumuten, mit der geplanten Grundrente mangels Bedürftigkeitsprüfung auch Menschen zu unterstützen, die diese Hilfe nicht brauchten.
Der CDU-Arbeitnehmerflügel war mit einem Kompromissvorschlag zur Grundrente für langjährig beitragszahlende Geringverdiener vorgeprescht. Auch die CDU-Sozialpolitiker beharren dabei auf der umstrittenen Bedürftigkeitsprüfung, diese soll aber weniger umfangreich sein als ursprünglich geplant. Geprüft werden solle lediglich das laufende Einkommen eines Haushalts, nicht aber das Vermögen oder die Größe der Wohnung, sagte CDA-Chef Laumann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag).
"Unser Modell würde jährlich 500 bis 800 Millionen Euro kosten", so der Sozialminister von Nordrhein-Westfalen. Davon könnten mindestens eine halbe Millionen Menschen direkt profitieren. Laumann räumte ein, dass die Prüfung der Einkünfte das Grundsicherungsamt übernehmen müsste. Erster Ansprechpartner für die Menschen wäre laut Laumann aber die Rentenversicherung, die die Grundrente auch auszahlen solle.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt reagierte scharf auf die Ablehnung des Kompromissvorschlags durch die SPD. Dass die Sozialdemokraten selbst das ablehnten, und "im krassen Widerspruch zum Koalitionsvertrag" stattdessen "Rentenpolitik mit der Gießkanne" wollten, zeige, "dass die SPD an keiner Problemlösung sondern an einem Rentenstreit interessiert ist", sagte Dobrindt dem "Münchner Merkur" (Montag).
In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart: "Voraussetzung für den Bezug der Grundrente ist eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung." Hierbei werden auch Bargeld, Wertpapiere, Sparguthaben, Haus- und Grundvermögen berücksichtigt.
Geplant sind automatische Renten-Zuschläge für Geringverdiener, die mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt haben. Auch Teilzeitarbeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen. Wer dann weniger als 896 Euro Rente hat, bekäme nach dem Vorschlag von Sozialminister Heil bis zu 447 Euro monatlich als Zuschlag. Er plant anders als vereinbart eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, so dass drei bis vier Millionen Menschen davon profitieren könnten. Dies würde einen mittleren einstelligen Milliardenbetrag pro Jahr kosten./bw/hrz/DP/he
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