Hagen (ots) - Geht's auch eine Nummer kleiner? Frankreichs Präsident Macron dreht ganz groß auf und gibt den Turbo-Europäer. EU-weiter Mindestlohn, gemeinsame Grenzpolizei, Asylagentur und Klimabank: Der Chef des Élysée-Palasts setzt wieder einmal zu einem Mega-Wurf an. Die Wortwahl ist entsprechend pathetisch: "Wir dürfen nicht Schlafwandler in einem erschlafften Europa sein." Anderthalb Jahre nach seiner Sorbonne-Rede, in der er eine tiefere Integration der Eurozone gefordert hatte, macht Macron klar, wie er sich in der EU sieht: als Antreiber und Visionär. Der französische Staatschef hat mit einem Paukenschlag den Europa-Wahlkampf eröffnet. Er begreift sich als Anführer einer freien, demokratischen und solidarischen EU. Und definiert sich damit als Gegenbild zu den Rechtspopulisten und Nationalisten - egal, ob sie Matteo Salvini oder Viktor Orbán heißen. Macron trägt dick auf, um bei der Wahl des EU-Parlaments Ende Mai die Bevölkerung zu elektrisieren und zu mobilisieren. Es wäre nicht überraschend, wenn er in den kommenden Wochen durch Europa reist, um für seine Sache zu werben. Man darf natürlich nicht jeden seiner Punkte zum Nennwert nehmen. Ein EU-weiter Mindestlohn wird nicht funktionieren, weil die Produktivitäts-Niveaus der Volkswirtschaften in Bulgarien oder Deutschland zu unterschiedlich sind. Bei einer EU-weiten Asylbehörde werden die Osteuropäer ausscheren. Trotzdem ist Macrons europapolitischer Enthusiasmus nützlich. Mehr Anstrengungen für gemeinsame Verteidigung und Grenzschutz sind ebenso wichtig wie eine verstärkte Geheimdienst-Kooperation zum Schutz gegen Terroranschläge und Cyber-Attacken. Europa ist zu einer ziemlich lahmen Veranstaltung geworden - hier hat der Präsident recht. Wenn sein Feuerritt die Debatte in diese Richtung lenkt, hätte der Franzose viel erreicht.
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