Düsseldorf (ots) - Die griechische Philosophie, das Römische Recht, die Kirchenordnung - in einem waren sich die Gelehrten zweieinhalbtausend Jahre einig: Frauen sind minderwertig und können gar nicht die gleichen Rechte wie Männer genießen. Heute kann man über diese Sicht vergangener Jahrhunderte nur den Kopf schütteln. Eine bizarre Vorstellung, die nur durch Unterdrückung so lange aufrechterhalten werden konnte. Umso erstaunlicher ist es, wie schnell und radikal sich die Welt mit der Einführung des Frauenwahlrechts, das die Frauen in Deutschland erstmals vor 100 Jahren wahrnehmen konnten, verändert hat - von der beruflichen über die sexuelle Selbstbestimmung bis hin zur Frauenförderpolitik und einem Familienbild, in dem sich Mutter und Vater gleichermaßen emanzipiert haben. Der 8. März ist ein Tag, an dem sich Männer und Frauen gegenseitig zum Leben, Lieben und Arbeiten auf Augenhöhe beglückwünschen können. Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Frauenbewegung und der Durchsetzung von Gleichberechtigung. Die Frauen sind weit gekommen. Das 21. könnte das Jahrhundert der Frauen werden. Aber nur, wenn sie weitermachen. Es gibt keinen Grund zu sagen: Jetzt ist es aber mal gut. Baustellen finden sich immer noch - zum Beispiel der wieder sinkende Anteil von Frauen in Parlamenten, die schlechtere Bezahlung von Frauen und der immer noch erbärmlich niedrige Anteil von Frauen in Vorständen von Unternehmen. Aber die Frauenfrage ist inzwischen eine von Soll und Haben. Mädchen liefern die besseren Schulnoten, in strukturschwachen Gebieten bleiben oft schlecht ausgebildete Männer zurück, und manch ein in diesem Jahrtausend geborener Junge fragt sich, ob in Deutschland eigentlich auch Männer Kanzler werden können. Das ist durchaus auch ein Thema für den Frauentag. Gleichberechtigung ist keine Einbahnstraße. In den Schulen wird man über besondere Angebote und mehr männliche Vorbilder für Jungen nachdenken müssen, und der Entwicklung, dass sich schlecht ausgebildete junge einsame Männer politisch radikalisieren, sollte der Staat auch nicht teilnahmslos zusehen. Beide Geschlechter haben Förderbedarf auf unterschiedlichen Feldern. Das Grundgesetz schreibt vor, dass der Staat die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördern und Nachteile beseitigen muss. Für beide. Am internationalen Frauentag muss der Blick vor allem auch in den Rest der Welt gehen, insbesondere in jene Länder, die noch kein Jahrhundert der Frauenbewegung erlebt haben: nach Saudi Arabien, wo Frauen immer noch von Ehemännern und Brüdern abhängig sind, nach Afrika, wo Mädchen die Genitalien verstümmelt werden, nach Indien, wo Frauen vor Vergewaltigungen noch nicht einmal in der Öffentlichkeit sicher sind, oder nach Syrien, wo der IS vermeintliche Ehebrecherinnen steinigt. Weltweit leben Millionen Frauen in Angst und Unterdrückung. Die Frauenrechte weltweit müssen von der deutschen Außenpolitik noch viel stärker eingefordert werden. Und am Ende ist der internationale Frauentag auch eine gute Gelegenheit, sich einmal an die eigene Nase zu fassen. Fordern wir Frauen nur die Gleichberechtigung ein, oder sind wir auch bereit, Stress, Verantwortung und Mehrarbeit zu übernehmen, wenn eine Führungsposition greifbar ist? Fordern wir Frauen die Männer zur Versorgung der Kinder nur auf, oder trauen wir ihnen die Erziehung auch zu und sind tatsächlich bereit, in Fragen von Ernährung, geeigneter Kleidung, Computerspiel-Konsum und Schlafenszeit die Väter einfach machen zu lassen? Nur wer bei diesen entscheidenden Punkten auch bereit ist zu springen, kann Beruf und Familie egalitär aufteilen. Das muss längst nicht für alle die anzustrebende Lebensweise sein. Im Gegenteil: Die Rollenverteilung in einer Beziehung sollte den beiden Menschen entsprechen, um die es geht, und nicht dem Zeitgeist. Entscheidend sind die Freiheit, die Chancen und das gesellschaftliche Selbstverständnis, die Balance von Karriere und Privatem unabhängig zu bestimmen.
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