Bielefeld (ots) - Der zwölftgrößte kommunale Klinikverbund Deutschlands blickt in eine unsichere Zukunft. 200.000 Patienten werden jährlich von den 4600 Mitarbeitern der Mühlenkreiskliniken versorgt - in Minden, Bad Oeynhausen, Lübbecke und Rahden. Nun gerät dieser Konzern wegen einer Petitesse ins Schlingern. Den Streit um das Arbeitszeugnis eines Arztes hatte der Chefarzt Prof. Johannes Zeichen derart eskalieren lassen, dass ein Arbeitsgericht dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Olaf Bornemeier vier Tage Beugehaft androhte und die Ärztekammer Westfalen-Lippe jetzt prüft, ob das Krankenhaus noch Ärzte ausbilden darf. Dass der Chefarzt dafür Ende März die fristlose Kündigung bekam, verwundert nicht. Dass der Vorstandsvorsitzende die Entlassung auf Druck des Landrats zurücknehmen musste, verwundert schon. Vorstand Dr. Olaf Bornemeier wurde in den vergangenen Tagen von zwei Seiten unter Druck gesetzt. Zum einen von 57 Klinikärzten, die einen Solidaritätsbrief für Prof. Zeichen schrieben, ohne den Grund der Kündigung zu kennen. Nicht alle unterzeichneten freiwillig. Es gab starken Druck von Ärzten auf Kollegen, sich mit Prof. Zeichen zu solidarisieren. Einige, auch Chefärzte, widerstanden der Nötigung, einige beugten sich. Auf der anderen Seite kam der Druck von Landrat Dr. Ralf Niermann (SPD). Der soll von Unternehmern, Freunden Zeichens und anderen aufgefordert worden sein, Prof. Zeichen die Rückkehr zu ermöglichen. Und obwohl Niermann nicht wieder für das Landratsamt kandidieren will, knickte er ein und sorgte dafür, dass Dr. Bornemeier die Kündigung zurücknahm - vier Stunden bevor der Verwaltungsrat der Mühlenkreiskliniken tagte, um sich mit dem Thema zu befassen. Der Verwaltungsrat befand, das sickerte durch, dass die Kündigung gerechtfertigt und angemessen gewesen sei. Trotzdem akzeptierte das Gremium die Fakten, die der Landrat kurz zuvor geschaffen hatte. Keiner der Verantwortlichen, der Solidaritätsbekunder und der Strippenzieher darf sich wundern, wenn ihm die Mühlenkreiskliniken über kurz oder lang um die Ohren fliegen. Denn dass ein erfolgreicher Vorstandschef, der plötzlich weder bei seinen Ärzten noch beim Verwaltungsrat Rückhalt findet, auf Dauer weitermacht, ist nicht zu erwarten. Möglicherweise ist Dr. Bornemeier nur noch an Bord, weil er den Konzern nicht ins Chaos stürzen will, weil er Verantwortung spürt. Denn nach der Entlassung seiner Stellvertreterin 2018 durch den Verwaltungsrat - angeblich auf Intervention eines Kliniksponsors - ist er der Letzte auf der Brücke. Was, wenn er hinwirft? Der Imageschaden für die Kliniken ist bereits immens. Es kann aber noch viel schlimmer kommen. Wie gesagt: Es ging nur um ein Zeugnis.
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