Der stellvertretende sächsische Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) hält einen weiteren Treuhand-Untersuchungsausschuss im Bundestag für wenig zielführend. "Im Gegenteil: Ich sehe eher die Gefahr, dass man dort nur alte Feindbilder pflegen und sich Schuldzuweisungen um die Ohren hauen würde", sagte der Ost-Beauftragte seiner Partei und sächsische SPD-Chef am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Er reagierte damit auf Forderungen der Linken, die einen solchen Ausschuss gefordert hatten.
Zugleich plädierte Dulig aber für eine Aufarbeitung der Nachwende-Ära. Das sei man den Millionen Menschen schuldig, deren Leben sich in der Wendezeit dramatisch verändert habe. Man müsse aber über Aufarbeitung anders nachdenken: "Es braucht eine Aufarbeitung, auch der Treuhand, anhand der nun freigegeben Akten und der Einbeziehung von Zeitzeugen." Dazu gelte es, Wege und Instrumente zu finden, die sowohl das Schiefgelaufene als auch das Erfolgreiche in jenem historischen Umbruch verstehen helfen und die Chance bieten, das öffentlich zu diskutieren und zu benennen.
"Wir brauchen eine differenzierte Beschreibung der damaligen Wirklichkeit", erklärte Dulig. Nur damit könne die damalige Umbruchszeit deutlich werden, wie sie war: "Widersprüchlich, kompliziert, voller schwieriger Entscheidungen", betonte Dulig.
"Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte, am besten moderiert durch eine Kommission. Eine Aufarbeitung darf nicht in einer zehnbändigen Edition zur Nachwendezeit enden", sagte Dulig weiter. Es gehe um eine in die Zukunft gerichtete Diskussion im ganzen Land, mit einer Vielzahl an lokalen Aktionen und Formaten der Aufarbeitung in Ost und West. Die Feiern zur Deutschen Einheit würden eine erste Chance für eine ehrliche Debatte bieten./jos/DP/he
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