Verantwortlicher Redakteur: Markus Meister
Das Schweizer Maschinenbau-Unternehmen Meyer Burger Technology AG (MBT), ein Spezialist in der Photovoltaik-Industrie (PV) mit tausend Mitarbeitern, durchlebt nach der Rettung vor der Insolvenz vor zweieinhalb Jahren weiterhin stürmische Zeiten. Im Geschäftsjahr 2018 wurde bei 407 Mio. Schweizer Franken (CHF) Umsatz ein Konzernergebnis von -59 Mio. CHF erzielt. Bei 349 Mio. CHF Bilanzsumme lag das Eigenkapital per 31.12.2018 bei 182 Mio. CHF. Mit 685 Mio. ausstehenden Aktien ist das in der Schweiz börsennotierte Unternehmen aktuell knapp 500 Mio. CHF wert.
Wir führten ein Interview mit Herrn Anton Karl, Verwaltungsrat der Sentis Capital PCC. Die in Liechtenstein ansässige Investmentgesellschaft ist einer der größten Aktionäre von Meyer Burger und kritisch gegenüber dem aktuellen Verwaltungsrat des Solar-Unternehmens.
FN:
Ihr Unternehmen wurde in den vergangenen Monaten regelmäßig in Schweizer Medien zitiert. Wer ist die Sentis Capital PCC?
ANTON KARL:
Wir sind ein Tochterunternehmen einer Familienholding von Petr Kondrashev. Wir machen Kapitalmarktinvestments und Treasury für die Familienholding. Die Gesellschaft wird, so wie die Holding auch, vom Verwaltungsrat selbständig verwaltet. Das gilt auch für Investmentideen. Unser Eigentümer erhält aber regelmäßig Berichte über alle Investments der Gruppe. Ihn interessiert nur das Ergebnis des gesamten Portfolios.
FN:
Im letzten Jahr gab es beim Überschreiten der 5 %-Schwelle eine Pflichtmitteilung, dass Sie 33,6 Mio. Aktien besitzen. Seither wurden weitere Aktien ausgegeben, Sie haben aber kein Unterschreiten der 5 % gemeldet. Im Gegenteil, in Artikeln wird berichtet, dass Sie auf 7 % aufgestockt hätten. Wie viele Aktien haben Sie denn derzeit?
ANTON KARL:
Sentis Capital besitzt aktuell 45 Mio. Aktien.
FN:
Was ist Ihr Ziel bei Meyer Burger als 6,6 %-Großaktionär?
ANTON KARL:
Als größter Einzelkapitalgeber haben wir geholfen, die letzte Sanierungskapitalerhöhung von MBT sicherzustellen, weil wir von der Technologieführerschaft des Unternehmens überzeugt sind. Inzwischen mussten wir gravierende Mängel in der Corporate Governance feststellen, geprägt von Interessenskonflikten und schlechtem Management. Jetzt geht es um Schadensvermeidung. MBT hat gemäß Informationen mehr als 30.000 Aktionäre. Das verschärft die "Principal-Agent"-Problematik und macht es für die Verwaltungsräte und das Management einfach, Aktionärsinteressen zu missachten.
FN:
Sie meinen Aufträge an die Anwaltskanzlei von Verwaltungsratspräsident Dr. Alexander Vogel?
ANTON KARL:
Unter anderem diese Millionenhonorare. Dr. Lütolf, der designierte Verwaltungsratspräsident, wird sich vor den Aktionären und der Öffentlichkeit erklären müssen, ob es einen echten Bruch mit der Vergangenheit geben wird oder ob der abtretende Verwaltungsratspräsident weiterhin über Beratungsleistungen seiner Anwaltskanzlei im Unternehmen mitreden wird. Ein Wechsel an der Spitze ohne echten Bruch mit der Vergangenheit ist nicht akzeptabel.
FN:
Was tun Sie, um auf die Schwächen in der Corporate Governance und Unternehmensführung aufmerksam zu machen??
ANTON KARL:
Wir analysieren intensiv und teilen unsere Ergebnisse mit interessierten Aktionären und der Öffentlichkeit. Wir halten dem Unternehmen den Spiegel vor. Im Unterschied zu den USA haben Aktionäre keinen Zugriff auf das Aktionärsregister. Das gibt dem Verwaltungsrat einen Kommunikationsvorteil. Deshalb müssen wir über den Weg der Öffentlichkeit mit anderen Aktionären kommunizieren.
FN:
Treffen Sie andere Aktionäre auch persönlich?
ANTON KARL:
Das tun wir von Fall zu Fall mit größeren, institutionellen Investoren. Alles andere wäre logistisch nicht machbar.
FN:
Sprechen wir über die Sanierungsbemühungen des Managements. Für viele MBT-Aktionäre ist es vermutlich überraschend, dass diese schon fast zweieinhalb Jahre dauern.
ANTON KARL:
Das geht uns auch so. CEO Dr. Hans Brändle durfte anfangs wohl nur mit angezogener Handbremse restrukturieren. Es gab keinen radikalen Neustart im Verwaltungsrat.
FN:
Können Sie ein Beispiel nennen?
ANTON KARL:
Die wiederholten Wertberichtigungen von Vorräten und die kürzlich wertberichtigten Deferred Tax Assets erwecken den Eindruck, dass immer wieder Altlasten rausgeschummelt werden. Das Statement des Wirtschaftsprüfers erklärt, er hätte die Schließung in Thun zum Anlass genommen, die Vorratsbewertung schwerpunktmäßig zu prüfen. Die Presseaussendung des Unternehmens erweckt den Eindruck, dass wegen der Schließung in Thun Vorräte wertberichtigt werden mussten. Scheinbar bestand dieser Wertberichtigungsbedarf schon länger. Offensichtlich wurde davor nicht genauer geprüft. Am Ende fehlen mindestens 27 Millionen Franken in Cash, da werthaltige Vorräte immer in Cash gewandelt werden könnten.
FN:
Sie meinen, es wurde nach der Konkurssanierung nicht sofort reiner Tisch gemacht?
ANTON KARL:
So lesen wir das. Wenn langjährige Verwaltungsräte persönliche Interessen verfolgen, kann so etwas passieren.
FN:
Wollen Sie deshalb den Wirtschaftsprüfer austauschen?
ANTON KARL:
Unter anderem. Wir Aktionäre fragen uns, warum nicht zum Zeitpunkt der Sanierungskapitalerhöhung reiner Tisch gemacht wurde. Wir glauben, dass mittlerweile ein Großteil wertberichtigt wurde. Allerdings ist die Rolle des Verwaltungsrats, aber auch jene des Wirtschaftsprüfers zu hinterfragen, der seit 2006 an Bord ist und ausgetauscht werden sollte.
FN:
In der EU gibt es als eine Lehre aus der Finanzkrise seit einigen Jahren die Verpflichtung für Unternehmen von öffentlichem Interesse, den Abschlussprüfer alle zehn Jahre zu wechseln. Das ist also auch Ihr Argument?
ANTON KARL:
Nicht nur das. Einen Wirtschaftsprüfer alle zehn Jahre zu wechseln, bringt nicht nur Kontrolle für die Aktionäre, sondern auch neue Sichtweisen und reduziert die Kosten. Ascom, ein Unternehmen ähnlicher Größe, zahlt 50 Prozent weniger für die Wirtschaftsprüfung. Was für Unternehmen öffentlichen Interesses gut ist, kann für Publikumsgesellschaften und dessen Aktionäre auch nur gut sein.Zehn Jahre ist ein Zeitraum, der definitiv lang genug ist.
FN:
Wie viel kostet der Wirtschaftsprüfer bei Meyer Burger?
ANTON KARL:
Zirka eine Million Franken im Jahr.
FN:
Was halten Sie generell von CEO Dr. Brändle?
ANTON KARL:
Er hat in den vergangenen Jahren die Arbeit des Verwaltungsrats erledigt und Schritte gesetzt, die alternativlos waren. Andernfalls wäre das Unternehmen wieder in Existenznöte geraten. Die sogenannte 531-Reform bei der Solarförderung in China vom 31.5.2018 hat hier ironischerweise geholfen. Sonst wäre vermutlich manches noch schleppender gegangen.
FN:
Bei seinem Antritt hat CEO Dr. Brändle angekündigt, er würde rasch viele Heterojunction-Maschinen verkaufen mit denen Solarzellen mit höheren Wirkungsgraden preisgünstiger produziert werden können …
ANTON KARL:
Diese Erwartungen hat er bis jetzt leider nicht erfüllt. Unser Eindruck ist, dass er der faktische Verwaltungsratspräsident ist. Dr. Brändle sitzt in Thun, hunderte Kilometer entfernt vom operativen Geschäft. In Thun beschäftigt er sich mit Strategie, Restrukturierung und Dealmaking, klassische Verwaltungsratsaufgaben also. In Thun besteht MBT im Wesentlichen aus einer Holding. Dort gibt es einen teuren Verwaltungsrat und auch noch weitere teure Manager, wie einen teuren CFO. Ein CEO sollte aber neben dem Reisen täglich in den Werkshallen sein und mit Mitarbeitern und Forschern sprechen. Er muss täglich an der Optimierung der Organisation arbeiten. Wir haben gehört, er hätte während eines großen Investorenmeetings in Zürich am 16. April gesagt, dass der CEO Abstand vom operativen Geschäft brauche. Dies wäre eine eigenartige Interpretation der Geschäftsführungsfunktion und bestätigt den Eindruck, dass er der faktische Verwaltungsratspräsident ist.
FN:
Dr. Brändle wohnt doch in der Schweiz, oder?
ANTON KARL:
Der CEO leitet per Definition das operative Geschäft. Er müsste unserer Ansicht nach nach Hohenstein-Ernstthal in Sachsen übersiedeln. Dort gibt es aber schon einen CEO, der zugleich CTO der Gruppe ist und sehr nahe an den Kunden, der Technik und den Produkten ist. Zusätzlich hat Hohenstein nochmals einen eigenen CTO. Und jemanden, der die Finanzen macht, gibt es in Hohenstein auch. Wegen dieser Mehrfachstruktur ist die Gesamtvergütung so hoch wie nie, obwohl die Ergebnisse davon weit entfernt sind. Würde sich Dr. Brändle hauptsächlich um die Straffung der Vertriebsorganisation kümmern, anstatt sich neue Deals auszudenken, hätte man wahrscheinlich die eine oder andere Maschine mehr verkaufen können. Bei Meyer Burger ist alles vorhanden. Man muss es nur richtig zusammensetzen. Kein vernünftiger Verwaltungsratspräsident würde es gutheißen, wenn der CEO eines KMU so weit entfernt vom operativen Geschäft sitzt.
FN:
Sie meinen also, man sollte das Management neu organisieren und verkleinern?
ANTON KARL:
Korrekt! Dann passt die Vergütung auch mit der Größe des Unternehmens zusammen. Ein aktiver und kompetenter Verwaltungsrat reicht für die Thuner Holding. Der renommierte Stimmrechtsberater zRating meint, dass Meyer Burger nachhaltig 80 bis 100 Millionen Franken EBITDA liefern müsste, um die aktuelle Vergütungsstruktur zu rechtfertigen. Bei den meisten Schweizer Unternehmen beträgt die Vergütung nämlich maximal fünf Prozent des EBITDA, bei MBT liegen wir deutlich darüber.
FN:
Könnte das Herrn Dr. Brändle unter Druck bringen, seine Position zu rechtzufertigen?
ANTON KARL:
In einem Bloomberg-Interview vom 12. April 2019 rechtfertigte er die Vergütungsstruktur damit, dass "die PV-Industrie kein Walk in the Park wäre". Zeigen Sie mir irgendeine Industrie, die ein Kinderspiel ist! Rechtfertigungsdruck auf einen CEO wäre besorgniserregend. Als Aktionär kann man nur hoffen, dass das Management keine abenteuerlichen Ausflüge in Non-PV-Bereiche und weitere Akquisitionen macht, um weitere Arbeit und Aufgaben zu schaffen. Wir sind deshalb so besorgt, weil uns gegenüber bereits eine Non-PV-Idee geäußert wurde.
FN:
Glauben Sie, dass demnächst größere Heterjojunction-Maschinen-Orders kommen werden?
ANTON KARL:
Ich habe vor wenigen Wochen an der wichtigsten Konferenz für Zelltechnologie teilgenommen. Man spürt eine Bewegung in Richtung Heterjojunction (HJT). Jetzt muss der Fokus auf Vertrieb, Vertrieb und nochmals Vertrieb liegen! First Class Execution ist das Stichwort. Herr Dr. Brändle sagte uns bei der jüngsten Roadshow, es gäbe so viele HJT-Anfragen, dass sie nicht einmal abgearbeitet werden könnten. Zeit und finanzielle Ressourcen für Ausflüge in andere Bereiche oder Akquisitionen ist sicher nicht vorhanden. Einzelne Bestellungen machen aber noch keinen Sommer. Das Unternehmen muss nachhaltig signifikante Ergebnissteigerungen aus dem Kerngeschäft schaffen. Außerdem braucht es den CEO am Ort des operativen Geschehens und nicht rund 800 Autobahnkilometer entfernt.
FN:
Brändle sollte sich also auf das Kerngeschäft konzentrieren?
ANTON KARL:
Absolut! Es braucht alle Ressourcen zur Vermarktung des bestehenden Portfolios. In gut geführten KMUs ist der CEO der beste Verkäufer. Dazu muss er ständig beim Kunden, aber auch nahe am Produkt und an der Produktion sein. Natürlich könnte ein Teil des genehmigten Kapitals für weitere strategische Ausflüge verwendet werden, das wäre aber ebenfalls ein katastrophales Zeichen an die Aktionäre.
FN:
Wie sieht das der designierte Verwaltungsratspräsident Dr. Remo Lütolf?
ANTON KARL:
Herr Dr. Lütolf hat am 8. März in "Finanz und Wirtschaft" unmissverständlich klarstellt, dass der Fokus auf Maschinen für HJT- und Tandemzellen zu liegen hat.
FN:
Wie wird das ausgehen?
ANTON KARL:
Das wissen wir nicht. Wir hoffen, dass Dr. Lütolf, der aus der Industrie kommt, Wort hält und ein starker Verwaltungsratspräsident sein wird, trotz seiner weiteren Mandate bei der RUAG Holding AG und anderen Unternehmen. Er muss das Amt aktiv ausführen und nicht wie der bisherige Verwaltungsratspräsident das Amt faktisch dem CEO überlassen.
FN:
Zum Thema Immobilienverkauf: Sobald etwas mehr Cash vorhanden ist, muss sich der Aktionär Sorgen machen, was damit gemacht wird?
ANTON KARL:
Sollte der Verwaltungsrat zum Schluss kommen, dass die Erlöse aus dem Verkauf des Waferinggeschäftes und der Immobilie tatsächlich nicht für das Kerngeschäft gebraucht werden, wäre es anständig, diese Überschussliquidität als Dividende an die Aktionäre auszuschütten, die bis jetzt eine Milliarde Franken in Meyer Burger investiert haben. Man könnte auch Aktien zurückkaufen, die ja in einem beinahe beispiellosen Ausmaß emittiert wurden.
FN:
Kann MBT nur mit dem Verkauf von PV-Maschinen gutes Geld verdienen?
ANTON KARL:
Es wird gerne vergessen, dass MBT im Kerngeschäft immer sehr gutes Geld verdient hat. Die Bruttomarge liegt bei etwa 50 %. Verloren wurde das Vermögen bei strategischen Experimenten und Firmenkäufen. Das darf sich nicht wiederholen.
FN:
Also: Klarer Schwerpunkt auf den Verkauf von HJT-Maschinen?
ANTON KARL:
Natürlich! Das ist das Beste für Unternehmenswert und Aktionäre.
FN:
Weshalb haben Sie dann vergangenen Dezember die Eigenproduktion von HJT-Zellen gefordert?
ANTON KARL:
Die Zusammenfassung in den Medien weicht etwas von unserer Aussage ab. Wir haben dies als Alternative dargestellt, falls die Markteinführung von HJT noch lange schleppend laufen sollte. Wir haben die Eigenproduktion von Hocheffizienzzellen durchgerechnet. Wenn man die Technologie exklusiv hält, ist das sehr profitabel. Oxford PV dürfte genau in diese Richtung gehen.
FN:
Sie meinen Meyer Burger will selbst in die Eigenproduktion einsteigen?
ANTON KARL:
Eigenproduktion war nicht alleine unsere Idee, sondern eine Reaktion auf Gespräche mit dem Verwaltungsrat und dem Management. Herr Dr. Brändle hatte selbst diese Idee. Dr. Brändle sagte uns, sie beschäftigen sich seit mehr als einem Jahr mit diesem Thema. Die Presseaussendung haben wir aus Sorge gemacht. Als wir hörten, dass es um einige Joint-Ventures gehe könnte, sahen wir ein großes Risiko für Aktionäre. Mit diversen juristischen Strukturierungen können sich Manager und Verwaltungsräte auf Kosten der Aktionäre Machtzentren einrichten. JVs können ein Unternehmen wie Meyer Burger daher erheblich entwerten.
FN:
Und daher haben Sie im Fall des Falles eine Kapitalerhöhung durch einen Strategen oder durch die Aktionäre gefordert?
ANTON KARL:
Genau, denn ein Einstieg des bestbietenden Strategen könnte, wie das oft der Fall ist, der Lebensplanung mancher Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder entgegenstehen. Vielleicht hat ein Stratege eigene clevere Leute und es braucht manchen teuren Kadermann in der Holding nicht mehr.
FN:
Apropos Oxford PV: Es gab viel Kritik an diesem Deal. Wie ist Ihre Sichtweise?
ANTON KARL:
Wir finden Oxford PV als technologischen Partner durchaus interessant. Und der Deal betrifft das Kerngeschäft. Allerdings ist die Platzierung der neuen Aktien über den Umweg Oxford PV und unter Ausschluss der Bezugsrechte der bestehenden Aktionäre eine höchst fragwürdige Methode. Die Argumentation für den Bezugsrechtsausschluss könnte auf wackeligen Beinen stehen. Man hätte auch in der Platzierung durch Oxford PV den bestehenden Aktionären Bezugsrechte einbuchen können. Das wäre nur anständig gewesen. Sie sind es, die das Unternehmen bis dato finanziert haben. Das alles erklärt, weshalb wir kein Freund von genehmigtem Kapital sind. Das ist eine Vertrauenssache, vor allem wenn es den Ausschluss von Bezugsrechten erlaubt. Dieses Vertrauen muss sich der Verwaltungsrat der MBT erst einmal verdienen.
FN:
Was halten Sie von den Unternehmensbewertungen des Oxford-PV-Deals?
ANTON KARL:
Den Aktionären wurden diese nicht erläutert. Als Außenstehender kann man das schwer einschätzen. Wir hoffen nur, dass die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat eine sorgfältige Due-Diligence durchgeführt hat und den von Oxford PV geforderten Preis kritisch hinterfragt hat. Nur weil andere, wie der chinesisch Windkraftanlagenhersteller Goldwind, angeblich bereit waren, dieselbe Bewertung zu akzeptieren, heißt das noch lange nicht, dass diese Bewertung für dieses Investment gerechtfertigt war. Oxford PV wollte von Anfang an nur Cash. Das wurde uns bestätigt. Wir wissen nur, dass die Platzierung von MBT-Aktien von Oxford PV bei 60 Rappen stattfand. Wieviel von diesem Preis bei Oxford PV tatsächlich angekommen ist und wer im Dreiecksverhältnis dazwischen wieviel verdient hat, wissen wir nicht. MBT hat dies alles arrangiert. Sie müssen es wissen, teilen des den Aktionären aber nicht mit. Das erscheint etwas bedenklich. Denn das sind Kosten, die dem Meyer-Burger-Aktionär entstanden sind.
FN:
Was glauben Sie, war das Motiv für diese "Dreiecksplatzierung"?
ANTON KARL:
Darüber können wir nur spekulieren. Wir wissen aber, dass einige neue Aktionäre einen größeren Anteil mit einem signifikanten Preisabschlag aufbauen konnten.
FN:
Sie meinen, es gab eine Umverteilung an neue Aktionäre?
ANTON KARL:
So spekulieren manche Medien. Offensichtlich gab es schon wieder zu viele frustrierte Aktionäre, die in der Generalversammlung zu einer Gefahr für den Verwaltungsrat werden könnten. Da kann es schon sein, dass ein teilweiser Austausch des Aktionariats Teil des Motivs war. Einen pikanten Fall haben wir entdeckt. Gemäß SIX-Meldung durfte ein MBT-Verwaltungsrat eine große Position mit einem signifikanten Preisabschlag kaufen, obwohl die Platzierung überzeichnet war und viele Altaktionäre nicht mitzeichnen durften. Das ist aus Sicht der Compliance, aber auch rechtlich höchst bedenklich und ein weiterer Beweis dafür, dass man bei MBT vom Respekt vor den Aktionären noch weit weg ist und die Corporate Governance massiv verbessert werden muss.
FN:
Wie erklären Sie sich den Preissturz der MBT-Aktie knapp zwei Wochen vor der Veröffentlichung der Jahresergebnisse und des Deals mit Oxford PV?
ANTON KARL:
Solche Bewegungen gibt es in der MBT-Aktie auffällig oft. Auch die unsägliche Praxis, dass nicht schon bei Vertragsunterschrift sondern erst mit Anzahlung ein Auftrag verkündet wird, muss beendet werden. Ansonsten gibt es zu viele Leute im Umfeld, die die Möglichkeit haben, lange vor den Publikumsaktionären Wissen zum eigenen Vorteil auszunutzen.
FN:
Lassen Sie uns noch ein paar Fragen zum Verwaltungsratsgremium erörtern. Einer der Verwaltungsräte verlässt das Unternehmen nach nur einem Jahr Amtszeit. Warum?
ANTON KARL:
Das hat uns ebenfalls irritiert und ist aus der Sicht der Aktionäre schade. Herr Eric Meurice, war unseren Informationen nach ein sehr kritischer Verwaltungsrat. Auf der anderen Seite tritt Dr. Franz Richter, ein Verwaltungsrat aus der Ära von Ex-Boss Peter Pauli, wieder an. Was der wirkliche Grund für diese Rochade ist, werden die Aktionäre wohl nicht erfahren.
FN:
Ein Aktionär, Urs Fähndrich von Elysium Capital, hat sich vor etwa zwei Wochen als unabhängiger, kontrollierender Verwaltungsrat zur Wahl gestellt. Er wäre bereit, das Amt ehrenamtlich auszuführen. Was halten Sie davon?
ANTON KARL:
Wir haben seine Kritikpunkte gelesen. Aus Sicht der Aktionäre sind diese durchaus legitim und daher werden wir natürlich für ihn stimmen. Es wäre dringend notwendig, einen Aktionärsvertreter im Verwaltungsrat zu haben, der alles durch die Brille eines Eigenkapitalgebers sieht. Das Unternehmen braucht tatsächlich mehr Eigentümerkontrolle. Leider haben wir ihn nicht auf der GV-Einladung gesehen. Der Verwaltungsrat hat den externen Kandidaten nicht unter dem entsprechenden Traktandum in der Einladung zur Generalversammlung aufgeführt, was uns überrascht hat.
FN:
Was bedeutet das?
ANTON KARL:
Das schmälert natürlich seine Wahlchancen. Die von Meyer Burger versandte Stimmrechtsvollmacht an den unabhängigen Stimmrechtsvertreter ist ein weiterer Beleg dafür, dass dieser Verwaltungsrat noch immer nicht verstanden hat, dass es gilt, die Aktionärsinteressen an erste Stelle zu setzen. Die Zustimmung zu einem spontanen Aktionärsantrag ist auf dieser Vollmacht und auch in der elektronischen Variante nicht möglich. Das ist sehr bedenklich für die Aktionärsdemokratie.
FN:
Und wie steht es mit Ihren an die Generalversammlung gestellten Anträgen?
ANTON KARL:
Auch hier gibt der Verwaltungsrat leider ein schlechtes Bild ab. Er veröffentlicht nicht einmal unsere Begründungen für die Anträge, obwohl diese hauptsächlich auf den Empfehlungen und Beschlüssen des Bundesrats und des Nationalrats zur kommenden Aktienrechtsrevision beruhen.
FN:
Werden Sie den Druck aufrechterhalten?
ANTON KARL:
Darauf können Sie wetten! Wir, die Aktionäre, haben es mit unseren Stimmen in der Hand, Veränderung herbeizuführen.
FN:
Herr Karl, wir bedanken uns herzlich für das interessante Interview!
Das Schweizer Maschinenbau-Unternehmen Meyer Burger Technology AG (MBT), ein Spezialist in der Photovoltaik-Industrie (PV) mit tausend Mitarbeitern, durchlebt nach der Rettung vor der Insolvenz vor zweieinhalb Jahren weiterhin stürmische Zeiten. Im Geschäftsjahr 2018 wurde bei 407 Mio. Schweizer Franken (CHF) Umsatz ein Konzernergebnis von -59 Mio. CHF erzielt. Bei 349 Mio. CHF Bilanzsumme lag das Eigenkapital per 31.12.2018 bei 182 Mio. CHF. Mit 685 Mio. ausstehenden Aktien ist das in der Schweiz börsennotierte Unternehmen aktuell knapp 500 Mio. CHF wert.
Wir führten ein Interview mit Herrn Anton Karl, Verwaltungsrat der Sentis Capital PCC. Die in Liechtenstein ansässige Investmentgesellschaft ist einer der größten Aktionäre von Meyer Burger und kritisch gegenüber dem aktuellen Verwaltungsrat des Solar-Unternehmens.
FN:
Ihr Unternehmen wurde in den vergangenen Monaten regelmäßig in Schweizer Medien zitiert. Wer ist die Sentis Capital PCC?
ANTON KARL:
Wir sind ein Tochterunternehmen einer Familienholding von Petr Kondrashev. Wir machen Kapitalmarktinvestments und Treasury für die Familienholding. Die Gesellschaft wird, so wie die Holding auch, vom Verwaltungsrat selbständig verwaltet. Das gilt auch für Investmentideen. Unser Eigentümer erhält aber regelmäßig Berichte über alle Investments der Gruppe. Ihn interessiert nur das Ergebnis des gesamten Portfolios.
FN:
Im letzten Jahr gab es beim Überschreiten der 5 %-Schwelle eine Pflichtmitteilung, dass Sie 33,6 Mio. Aktien besitzen. Seither wurden weitere Aktien ausgegeben, Sie haben aber kein Unterschreiten der 5 % gemeldet. Im Gegenteil, in Artikeln wird berichtet, dass Sie auf 7 % aufgestockt hätten. Wie viele Aktien haben Sie denn derzeit?
ANTON KARL:
Sentis Capital besitzt aktuell 45 Mio. Aktien.
FN:
Was ist Ihr Ziel bei Meyer Burger als 6,6 %-Großaktionär?
ANTON KARL:
Als größter Einzelkapitalgeber haben wir geholfen, die letzte Sanierungskapitalerhöhung von MBT sicherzustellen, weil wir von der Technologieführerschaft des Unternehmens überzeugt sind. Inzwischen mussten wir gravierende Mängel in der Corporate Governance feststellen, geprägt von Interessenskonflikten und schlechtem Management. Jetzt geht es um Schadensvermeidung. MBT hat gemäß Informationen mehr als 30.000 Aktionäre. Das verschärft die "Principal-Agent"-Problematik und macht es für die Verwaltungsräte und das Management einfach, Aktionärsinteressen zu missachten.
FN:
Sie meinen Aufträge an die Anwaltskanzlei von Verwaltungsratspräsident Dr. Alexander Vogel?
ANTON KARL:
Unter anderem diese Millionenhonorare. Dr. Lütolf, der designierte Verwaltungsratspräsident, wird sich vor den Aktionären und der Öffentlichkeit erklären müssen, ob es einen echten Bruch mit der Vergangenheit geben wird oder ob der abtretende Verwaltungsratspräsident weiterhin über Beratungsleistungen seiner Anwaltskanzlei im Unternehmen mitreden wird. Ein Wechsel an der Spitze ohne echten Bruch mit der Vergangenheit ist nicht akzeptabel.
FN:
Was tun Sie, um auf die Schwächen in der Corporate Governance und Unternehmensführung aufmerksam zu machen??
ANTON KARL:
Wir analysieren intensiv und teilen unsere Ergebnisse mit interessierten Aktionären und der Öffentlichkeit. Wir halten dem Unternehmen den Spiegel vor. Im Unterschied zu den USA haben Aktionäre keinen Zugriff auf das Aktionärsregister. Das gibt dem Verwaltungsrat einen Kommunikationsvorteil. Deshalb müssen wir über den Weg der Öffentlichkeit mit anderen Aktionären kommunizieren.
FN:
Treffen Sie andere Aktionäre auch persönlich?
ANTON KARL:
Das tun wir von Fall zu Fall mit größeren, institutionellen Investoren. Alles andere wäre logistisch nicht machbar.
FN:
Sprechen wir über die Sanierungsbemühungen des Managements. Für viele MBT-Aktionäre ist es vermutlich überraschend, dass diese schon fast zweieinhalb Jahre dauern.
ANTON KARL:
Das geht uns auch so. CEO Dr. Hans Brändle durfte anfangs wohl nur mit angezogener Handbremse restrukturieren. Es gab keinen radikalen Neustart im Verwaltungsrat.
FN:
Können Sie ein Beispiel nennen?
ANTON KARL:
Die wiederholten Wertberichtigungen von Vorräten und die kürzlich wertberichtigten Deferred Tax Assets erwecken den Eindruck, dass immer wieder Altlasten rausgeschummelt werden. Das Statement des Wirtschaftsprüfers erklärt, er hätte die Schließung in Thun zum Anlass genommen, die Vorratsbewertung schwerpunktmäßig zu prüfen. Die Presseaussendung des Unternehmens erweckt den Eindruck, dass wegen der Schließung in Thun Vorräte wertberichtigt werden mussten. Scheinbar bestand dieser Wertberichtigungsbedarf schon länger. Offensichtlich wurde davor nicht genauer geprüft. Am Ende fehlen mindestens 27 Millionen Franken in Cash, da werthaltige Vorräte immer in Cash gewandelt werden könnten.
FN:
Sie meinen, es wurde nach der Konkurssanierung nicht sofort reiner Tisch gemacht?
ANTON KARL:
So lesen wir das. Wenn langjährige Verwaltungsräte persönliche Interessen verfolgen, kann so etwas passieren.
FN:
Wollen Sie deshalb den Wirtschaftsprüfer austauschen?
ANTON KARL:
Unter anderem. Wir Aktionäre fragen uns, warum nicht zum Zeitpunkt der Sanierungskapitalerhöhung reiner Tisch gemacht wurde. Wir glauben, dass mittlerweile ein Großteil wertberichtigt wurde. Allerdings ist die Rolle des Verwaltungsrats, aber auch jene des Wirtschaftsprüfers zu hinterfragen, der seit 2006 an Bord ist und ausgetauscht werden sollte.
FN:
In der EU gibt es als eine Lehre aus der Finanzkrise seit einigen Jahren die Verpflichtung für Unternehmen von öffentlichem Interesse, den Abschlussprüfer alle zehn Jahre zu wechseln. Das ist also auch Ihr Argument?
ANTON KARL:
Nicht nur das. Einen Wirtschaftsprüfer alle zehn Jahre zu wechseln, bringt nicht nur Kontrolle für die Aktionäre, sondern auch neue Sichtweisen und reduziert die Kosten. Ascom, ein Unternehmen ähnlicher Größe, zahlt 50 Prozent weniger für die Wirtschaftsprüfung. Was für Unternehmen öffentlichen Interesses gut ist, kann für Publikumsgesellschaften und dessen Aktionäre auch nur gut sein.Zehn Jahre ist ein Zeitraum, der definitiv lang genug ist.
FN:
Wie viel kostet der Wirtschaftsprüfer bei Meyer Burger?
ANTON KARL:
Zirka eine Million Franken im Jahr.
FN:
Was halten Sie generell von CEO Dr. Brändle?
ANTON KARL:
Er hat in den vergangenen Jahren die Arbeit des Verwaltungsrats erledigt und Schritte gesetzt, die alternativlos waren. Andernfalls wäre das Unternehmen wieder in Existenznöte geraten. Die sogenannte 531-Reform bei der Solarförderung in China vom 31.5.2018 hat hier ironischerweise geholfen. Sonst wäre vermutlich manches noch schleppender gegangen.
FN:
Bei seinem Antritt hat CEO Dr. Brändle angekündigt, er würde rasch viele Heterojunction-Maschinen verkaufen mit denen Solarzellen mit höheren Wirkungsgraden preisgünstiger produziert werden können …
ANTON KARL:
Diese Erwartungen hat er bis jetzt leider nicht erfüllt. Unser Eindruck ist, dass er der faktische Verwaltungsratspräsident ist. Dr. Brändle sitzt in Thun, hunderte Kilometer entfernt vom operativen Geschäft. In Thun beschäftigt er sich mit Strategie, Restrukturierung und Dealmaking, klassische Verwaltungsratsaufgaben also. In Thun besteht MBT im Wesentlichen aus einer Holding. Dort gibt es einen teuren Verwaltungsrat und auch noch weitere teure Manager, wie einen teuren CFO. Ein CEO sollte aber neben dem Reisen täglich in den Werkshallen sein und mit Mitarbeitern und Forschern sprechen. Er muss täglich an der Optimierung der Organisation arbeiten. Wir haben gehört, er hätte während eines großen Investorenmeetings in Zürich am 16. April gesagt, dass der CEO Abstand vom operativen Geschäft brauche. Dies wäre eine eigenartige Interpretation der Geschäftsführungsfunktion und bestätigt den Eindruck, dass er der faktische Verwaltungsratspräsident ist.
FN:
Dr. Brändle wohnt doch in der Schweiz, oder?
ANTON KARL:
Der CEO leitet per Definition das operative Geschäft. Er müsste unserer Ansicht nach nach Hohenstein-Ernstthal in Sachsen übersiedeln. Dort gibt es aber schon einen CEO, der zugleich CTO der Gruppe ist und sehr nahe an den Kunden, der Technik und den Produkten ist. Zusätzlich hat Hohenstein nochmals einen eigenen CTO. Und jemanden, der die Finanzen macht, gibt es in Hohenstein auch. Wegen dieser Mehrfachstruktur ist die Gesamtvergütung so hoch wie nie, obwohl die Ergebnisse davon weit entfernt sind. Würde sich Dr. Brändle hauptsächlich um die Straffung der Vertriebsorganisation kümmern, anstatt sich neue Deals auszudenken, hätte man wahrscheinlich die eine oder andere Maschine mehr verkaufen können. Bei Meyer Burger ist alles vorhanden. Man muss es nur richtig zusammensetzen. Kein vernünftiger Verwaltungsratspräsident würde es gutheißen, wenn der CEO eines KMU so weit entfernt vom operativen Geschäft sitzt.
FN:
Sie meinen also, man sollte das Management neu organisieren und verkleinern?
ANTON KARL:
Korrekt! Dann passt die Vergütung auch mit der Größe des Unternehmens zusammen. Ein aktiver und kompetenter Verwaltungsrat reicht für die Thuner Holding. Der renommierte Stimmrechtsberater zRating meint, dass Meyer Burger nachhaltig 80 bis 100 Millionen Franken EBITDA liefern müsste, um die aktuelle Vergütungsstruktur zu rechtfertigen. Bei den meisten Schweizer Unternehmen beträgt die Vergütung nämlich maximal fünf Prozent des EBITDA, bei MBT liegen wir deutlich darüber.
FN:
Könnte das Herrn Dr. Brändle unter Druck bringen, seine Position zu rechtzufertigen?
ANTON KARL:
In einem Bloomberg-Interview vom 12. April 2019 rechtfertigte er die Vergütungsstruktur damit, dass "die PV-Industrie kein Walk in the Park wäre". Zeigen Sie mir irgendeine Industrie, die ein Kinderspiel ist! Rechtfertigungsdruck auf einen CEO wäre besorgniserregend. Als Aktionär kann man nur hoffen, dass das Management keine abenteuerlichen Ausflüge in Non-PV-Bereiche und weitere Akquisitionen macht, um weitere Arbeit und Aufgaben zu schaffen. Wir sind deshalb so besorgt, weil uns gegenüber bereits eine Non-PV-Idee geäußert wurde.
FN:
Glauben Sie, dass demnächst größere Heterjojunction-Maschinen-Orders kommen werden?
ANTON KARL:
Ich habe vor wenigen Wochen an der wichtigsten Konferenz für Zelltechnologie teilgenommen. Man spürt eine Bewegung in Richtung Heterjojunction (HJT). Jetzt muss der Fokus auf Vertrieb, Vertrieb und nochmals Vertrieb liegen! First Class Execution ist das Stichwort. Herr Dr. Brändle sagte uns bei der jüngsten Roadshow, es gäbe so viele HJT-Anfragen, dass sie nicht einmal abgearbeitet werden könnten. Zeit und finanzielle Ressourcen für Ausflüge in andere Bereiche oder Akquisitionen ist sicher nicht vorhanden. Einzelne Bestellungen machen aber noch keinen Sommer. Das Unternehmen muss nachhaltig signifikante Ergebnissteigerungen aus dem Kerngeschäft schaffen. Außerdem braucht es den CEO am Ort des operativen Geschehens und nicht rund 800 Autobahnkilometer entfernt.
FN:
Brändle sollte sich also auf das Kerngeschäft konzentrieren?
ANTON KARL:
Absolut! Es braucht alle Ressourcen zur Vermarktung des bestehenden Portfolios. In gut geführten KMUs ist der CEO der beste Verkäufer. Dazu muss er ständig beim Kunden, aber auch nahe am Produkt und an der Produktion sein. Natürlich könnte ein Teil des genehmigten Kapitals für weitere strategische Ausflüge verwendet werden, das wäre aber ebenfalls ein katastrophales Zeichen an die Aktionäre.
FN:
Wie sieht das der designierte Verwaltungsratspräsident Dr. Remo Lütolf?
ANTON KARL:
Herr Dr. Lütolf hat am 8. März in "Finanz und Wirtschaft" unmissverständlich klarstellt, dass der Fokus auf Maschinen für HJT- und Tandemzellen zu liegen hat.
FN:
Wie wird das ausgehen?
ANTON KARL:
Das wissen wir nicht. Wir hoffen, dass Dr. Lütolf, der aus der Industrie kommt, Wort hält und ein starker Verwaltungsratspräsident sein wird, trotz seiner weiteren Mandate bei der RUAG Holding AG und anderen Unternehmen. Er muss das Amt aktiv ausführen und nicht wie der bisherige Verwaltungsratspräsident das Amt faktisch dem CEO überlassen.
FN:
Zum Thema Immobilienverkauf: Sobald etwas mehr Cash vorhanden ist, muss sich der Aktionär Sorgen machen, was damit gemacht wird?
ANTON KARL:
Sollte der Verwaltungsrat zum Schluss kommen, dass die Erlöse aus dem Verkauf des Waferinggeschäftes und der Immobilie tatsächlich nicht für das Kerngeschäft gebraucht werden, wäre es anständig, diese Überschussliquidität als Dividende an die Aktionäre auszuschütten, die bis jetzt eine Milliarde Franken in Meyer Burger investiert haben. Man könnte auch Aktien zurückkaufen, die ja in einem beinahe beispiellosen Ausmaß emittiert wurden.
FN:
Kann MBT nur mit dem Verkauf von PV-Maschinen gutes Geld verdienen?
ANTON KARL:
Es wird gerne vergessen, dass MBT im Kerngeschäft immer sehr gutes Geld verdient hat. Die Bruttomarge liegt bei etwa 50 %. Verloren wurde das Vermögen bei strategischen Experimenten und Firmenkäufen. Das darf sich nicht wiederholen.
FN:
Also: Klarer Schwerpunkt auf den Verkauf von HJT-Maschinen?
ANTON KARL:
Natürlich! Das ist das Beste für Unternehmenswert und Aktionäre.
FN:
Weshalb haben Sie dann vergangenen Dezember die Eigenproduktion von HJT-Zellen gefordert?
ANTON KARL:
Die Zusammenfassung in den Medien weicht etwas von unserer Aussage ab. Wir haben dies als Alternative dargestellt, falls die Markteinführung von HJT noch lange schleppend laufen sollte. Wir haben die Eigenproduktion von Hocheffizienzzellen durchgerechnet. Wenn man die Technologie exklusiv hält, ist das sehr profitabel. Oxford PV dürfte genau in diese Richtung gehen.
FN:
Sie meinen Meyer Burger will selbst in die Eigenproduktion einsteigen?
ANTON KARL:
Eigenproduktion war nicht alleine unsere Idee, sondern eine Reaktion auf Gespräche mit dem Verwaltungsrat und dem Management. Herr Dr. Brändle hatte selbst diese Idee. Dr. Brändle sagte uns, sie beschäftigen sich seit mehr als einem Jahr mit diesem Thema. Die Presseaussendung haben wir aus Sorge gemacht. Als wir hörten, dass es um einige Joint-Ventures gehe könnte, sahen wir ein großes Risiko für Aktionäre. Mit diversen juristischen Strukturierungen können sich Manager und Verwaltungsräte auf Kosten der Aktionäre Machtzentren einrichten. JVs können ein Unternehmen wie Meyer Burger daher erheblich entwerten.
FN:
Und daher haben Sie im Fall des Falles eine Kapitalerhöhung durch einen Strategen oder durch die Aktionäre gefordert?
ANTON KARL:
Genau, denn ein Einstieg des bestbietenden Strategen könnte, wie das oft der Fall ist, der Lebensplanung mancher Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder entgegenstehen. Vielleicht hat ein Stratege eigene clevere Leute und es braucht manchen teuren Kadermann in der Holding nicht mehr.
FN:
Apropos Oxford PV: Es gab viel Kritik an diesem Deal. Wie ist Ihre Sichtweise?
ANTON KARL:
Wir finden Oxford PV als technologischen Partner durchaus interessant. Und der Deal betrifft das Kerngeschäft. Allerdings ist die Platzierung der neuen Aktien über den Umweg Oxford PV und unter Ausschluss der Bezugsrechte der bestehenden Aktionäre eine höchst fragwürdige Methode. Die Argumentation für den Bezugsrechtsausschluss könnte auf wackeligen Beinen stehen. Man hätte auch in der Platzierung durch Oxford PV den bestehenden Aktionären Bezugsrechte einbuchen können. Das wäre nur anständig gewesen. Sie sind es, die das Unternehmen bis dato finanziert haben. Das alles erklärt, weshalb wir kein Freund von genehmigtem Kapital sind. Das ist eine Vertrauenssache, vor allem wenn es den Ausschluss von Bezugsrechten erlaubt. Dieses Vertrauen muss sich der Verwaltungsrat der MBT erst einmal verdienen.
FN:
Was halten Sie von den Unternehmensbewertungen des Oxford-PV-Deals?
ANTON KARL:
Den Aktionären wurden diese nicht erläutert. Als Außenstehender kann man das schwer einschätzen. Wir hoffen nur, dass die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat eine sorgfältige Due-Diligence durchgeführt hat und den von Oxford PV geforderten Preis kritisch hinterfragt hat. Nur weil andere, wie der chinesisch Windkraftanlagenhersteller Goldwind, angeblich bereit waren, dieselbe Bewertung zu akzeptieren, heißt das noch lange nicht, dass diese Bewertung für dieses Investment gerechtfertigt war. Oxford PV wollte von Anfang an nur Cash. Das wurde uns bestätigt. Wir wissen nur, dass die Platzierung von MBT-Aktien von Oxford PV bei 60 Rappen stattfand. Wieviel von diesem Preis bei Oxford PV tatsächlich angekommen ist und wer im Dreiecksverhältnis dazwischen wieviel verdient hat, wissen wir nicht. MBT hat dies alles arrangiert. Sie müssen es wissen, teilen des den Aktionären aber nicht mit. Das erscheint etwas bedenklich. Denn das sind Kosten, die dem Meyer-Burger-Aktionär entstanden sind.
FN:
Was glauben Sie, war das Motiv für diese "Dreiecksplatzierung"?
ANTON KARL:
Darüber können wir nur spekulieren. Wir wissen aber, dass einige neue Aktionäre einen größeren Anteil mit einem signifikanten Preisabschlag aufbauen konnten.
FN:
Sie meinen, es gab eine Umverteilung an neue Aktionäre?
ANTON KARL:
So spekulieren manche Medien. Offensichtlich gab es schon wieder zu viele frustrierte Aktionäre, die in der Generalversammlung zu einer Gefahr für den Verwaltungsrat werden könnten. Da kann es schon sein, dass ein teilweiser Austausch des Aktionariats Teil des Motivs war. Einen pikanten Fall haben wir entdeckt. Gemäß SIX-Meldung durfte ein MBT-Verwaltungsrat eine große Position mit einem signifikanten Preisabschlag kaufen, obwohl die Platzierung überzeichnet war und viele Altaktionäre nicht mitzeichnen durften. Das ist aus Sicht der Compliance, aber auch rechtlich höchst bedenklich und ein weiterer Beweis dafür, dass man bei MBT vom Respekt vor den Aktionären noch weit weg ist und die Corporate Governance massiv verbessert werden muss.
FN:
Wie erklären Sie sich den Preissturz der MBT-Aktie knapp zwei Wochen vor der Veröffentlichung der Jahresergebnisse und des Deals mit Oxford PV?
ANTON KARL:
Solche Bewegungen gibt es in der MBT-Aktie auffällig oft. Auch die unsägliche Praxis, dass nicht schon bei Vertragsunterschrift sondern erst mit Anzahlung ein Auftrag verkündet wird, muss beendet werden. Ansonsten gibt es zu viele Leute im Umfeld, die die Möglichkeit haben, lange vor den Publikumsaktionären Wissen zum eigenen Vorteil auszunutzen.
FN:
Lassen Sie uns noch ein paar Fragen zum Verwaltungsratsgremium erörtern. Einer der Verwaltungsräte verlässt das Unternehmen nach nur einem Jahr Amtszeit. Warum?
ANTON KARL:
Das hat uns ebenfalls irritiert und ist aus der Sicht der Aktionäre schade. Herr Eric Meurice, war unseren Informationen nach ein sehr kritischer Verwaltungsrat. Auf der anderen Seite tritt Dr. Franz Richter, ein Verwaltungsrat aus der Ära von Ex-Boss Peter Pauli, wieder an. Was der wirkliche Grund für diese Rochade ist, werden die Aktionäre wohl nicht erfahren.
FN:
Ein Aktionär, Urs Fähndrich von Elysium Capital, hat sich vor etwa zwei Wochen als unabhängiger, kontrollierender Verwaltungsrat zur Wahl gestellt. Er wäre bereit, das Amt ehrenamtlich auszuführen. Was halten Sie davon?
ANTON KARL:
Wir haben seine Kritikpunkte gelesen. Aus Sicht der Aktionäre sind diese durchaus legitim und daher werden wir natürlich für ihn stimmen. Es wäre dringend notwendig, einen Aktionärsvertreter im Verwaltungsrat zu haben, der alles durch die Brille eines Eigenkapitalgebers sieht. Das Unternehmen braucht tatsächlich mehr Eigentümerkontrolle. Leider haben wir ihn nicht auf der GV-Einladung gesehen. Der Verwaltungsrat hat den externen Kandidaten nicht unter dem entsprechenden Traktandum in der Einladung zur Generalversammlung aufgeführt, was uns überrascht hat.
FN:
Was bedeutet das?
ANTON KARL:
Das schmälert natürlich seine Wahlchancen. Die von Meyer Burger versandte Stimmrechtsvollmacht an den unabhängigen Stimmrechtsvertreter ist ein weiterer Beleg dafür, dass dieser Verwaltungsrat noch immer nicht verstanden hat, dass es gilt, die Aktionärsinteressen an erste Stelle zu setzen. Die Zustimmung zu einem spontanen Aktionärsantrag ist auf dieser Vollmacht und auch in der elektronischen Variante nicht möglich. Das ist sehr bedenklich für die Aktionärsdemokratie.
FN:
Und wie steht es mit Ihren an die Generalversammlung gestellten Anträgen?
ANTON KARL:
Auch hier gibt der Verwaltungsrat leider ein schlechtes Bild ab. Er veröffentlicht nicht einmal unsere Begründungen für die Anträge, obwohl diese hauptsächlich auf den Empfehlungen und Beschlüssen des Bundesrats und des Nationalrats zur kommenden Aktienrechtsrevision beruhen.
FN:
Werden Sie den Druck aufrechterhalten?
ANTON KARL:
Darauf können Sie wetten! Wir, die Aktionäre, haben es mit unseren Stimmen in der Hand, Veränderung herbeizuführen.
FN:
Herr Karl, wir bedanken uns herzlich für das interessante Interview!
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