Von Olaf Ridder
BONN/FRANKFURT (Dow Jones)--Die Bayer-Aktionäre haben Konzernchef Werner Baumann wegen der unkalkulierbaren Monsanto-Risiken das Vertrauen entzogen. Auf der diesjährigen Hauptversammlung wurde der gesamte Vorstand für seine Tätigkeit im vergangenen Jahr nicht entlastet, ein wohl einmaliger Vorgang in Deutschland bei noch amtierenden Managern.
Nach einer zwölfstündigen Sitzung bekam der Vorstand bei der Abstimmung am Abend lediglich 44,5 Prozent Ja-Stimmen, aber 55,5 Prozent Nein-Stimmen. Auch der Aufsicht unter Vorsitz von Werner Wenning wurde mit nur 66,4 Prozent entlastet. Im Vorjahr hatte es noch Zustimmungsraten von mehr als 97 Prozent für die beiden Führungsorgane gegeben.
Wenning sagte unmittelbar nach der Abstimmung, dass er das Ergebnis zutiefst bedauere. Der Aufsichtsrat werde sich nach der Sitzung unverzüglich über die Situation beraten. Er hatte den Aktionären vor der Abstimmung versichert, dass der Aufsichtsrat fest hinter Baumann stehe.
Baumann und Wenning sind durch das Misstrauensvotum nun erheblich geschwächt, auch wenn es rechtlich keine Konsequenzen hat. Bei der Deutschen Bank hatten vor vier Jahren die damaligen Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen ihren Rückzug erklärt, kurz nachdem sie bei der Abstimmung über ihre Tätigkeit auf einer Hauptversammlung ein verheerendes Ergebnis eingefahren hatten.
Rücktrittsforderungen für die Bayer-Führung gab es am Freitag allerdings nicht. Dekabank-Fondsmanager Ingo Speich sprach lediglich von einer Warnung, als er ankündigte, er werde die Entlastung verweigern. "Bei der Komplexität des Unternehmens würde Bayer wichtige Zeit verlieren, wenn sich ein neues Management einarbeiten müsste", sagte er.
DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler hatte der Bayer-Führung in der Aussprache gar empfohlen, die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auf die nächste Hauptversammlung zu verschieben, um die Gräben zwischen Konzernführung und Aktionären nicht noch weiter zu vertiefen. Aufsichtsratschef Wenning war dem Vorschlag allerdings nicht gefolgt.
Die Aktionäre lasten Vorstand und Aufsichtsrat an, die Rechtsrisiken zum Unkrautvernichter Glyphosat, den der Konzern mit dem Agrarkonzern Monsanto eingekauft hat, massiv unterschätzt und damit die Zukunft des Unternehmens damit aufs Spiel zu haben. Der Bayer-Kurs ist seit August vergangenen Jahres mehr als 30 Prozent eingebrochen.
Der Konzern sieht sich in den USA einer kontinuierlich wachsenden Zahl von Schadensersatzklagen ausgesetzt: 13.400 Menschen machen das Mittel für ihre Krebserkrankungen verantwortlich. In zwei Fällen ist der Konzern in erster Instanz zu Schadensersatzzahlungen von jeweils rund 80 Milliarden Dollar verurteilt worden. Bayer ist überzeugt, die Prozesse in höheren Instanzen zu gewinnen. Konzernchef Baumann räumte allerdings ein, es könne noch Jahre dauern, bis die Aktionäre Klarheit hätten, wie der Glyphosat-Komplex insgesamt ausgeht.
Schon vor der Hauptversammlung hatte sich angedeutet, dass es für die Konzernführung eng werden könnte. So empfahlen die großen angelsächsischen Aktionärsberater ISS und Glass Lewis ihren Kunden eine Nichtentlastung.
Mitarbeit: Ruth Bender
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April 26, 2019 17:43 ET (21:43 GMT)
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