Bielefeld (ots) - un liegt Jens Spahns Vorschlag zur Masernimpfpflicht auf dem Tisch. Und wie seine Widerspruchslösung als Organspendeneuregelung ist er weitgehend. Die sanfteren Stufen Erinnerung, Aufklärung, Überzeugung und Motivation überspringt der CDU-Bundesgesundheitsminister erneut. Während aber bei der Organspende ein konkretes Gegenmodell existiert, das mit regelmäßigen Abfragen und einem bundesweitem Online-Register bedenkenswert erscheint, gibt es eine solche Alternative für eine Impfpflicht bislang nicht. Beim Thema Organspende kann man mit gutem Grund fordern: Lasst es uns erst einmal mit individueller Werbung versuchen! Beim Impfen dagegen, für das es um ein Vielfaches höhere Zustimmungsraten gibt als fürs Organspenden, ist die Bilanz von Werbemaßnahmen wie »Deutschland sucht den Impfpass« ernüchternd. Auch die in vielen Arztpraxen sehr gute Patientenbetreuung beim Thema Impfen brachte bislang keinen Erfolg bei der sehr schwierigen Steigerung von Prozentquoten, die sich schon im Neunzigerbereich befinden. Deutschland ist mit diesem Problem zwar nicht allein. Der EU zufolge erreichen derzeit nur Schweden, Ungarn, Portugal und die Slowakei die angestrebte Rate von 95 Prozent bei der ersten und zweiten Masernimpfung. Aber ein solcher Vergleich muss ja eher Ansporn sein, als dass er zur Entschuldigung dienen kann. Von Ärzteseite kam gestern schon Zustimmung. Was also spricht gegen die robuste Durchsetzung einer Masernimpfpflicht, wie sie Spahn vorschlägt? Die SPD-Gesundheitsministerin in Niedersachsen hat verfassungsrechtliche Bedenken und verweist darauf, dass insbesondere bei Jugendlichen und Erwachsenen eine Impflücke bestehe, der Vorschlag aber Kinder in den Blick nehme. Aus der Grünen-Bundestagsfraktion heißt es, Zwang statt Überzeugungsversuche könnte sich negativ auf das Impfverhalten auswirken, und damit wäre niemandem geholfen. Mit diesen Einwänden muss man sich auseinandersetzen. Sie sind nicht so leicht zu entkräften wie die Behauptung von Impfgegnern, die sagen, dass das Impfrisiko größer sei als die Gefahr durch die Krankheit, vor der sie schützen soll. Vor allem die Frage nach den älteren Ungeimpften muss beantwortet werden. Was ist mit einer allgemeinen Impfpflicht? Wer jetzt Erzieher und medizinisches Fachpersonal zur Impfung zwingen will, wird durch Klagen dagegen genügend juristische Erfahrung sammeln, um die Aussichten für den nächsten Schritt kalkulieren zu können. Gehen sollten wir ihn.
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